Rezension

Eine wunderbare Familiengeschichte

Die langen Tage von Castellamare
von Catherine Banner

Bewertet mit 5 Sternen

Amadeo, *1875, Findelkind wie viele Andere auch zu dieser Zeit im italienischen Florenz, wird unter die Obhut von Dr. Alfredo Esposito gestellt. Von klein auf mag er Geschichten. Von seinem Mentor bekommt er eine rote Kladde , geziert von einer goldenen Lilie, geschenkt. Nach seinem Berufswunsch gefragt, möchte er Arzt werden. Nachdem ein Uhrmacher, ein Bäcker und ein Drucker ihn nicht brauchen können, sitzt er wieder auf der Schulbank und und wird wirklich Arzt. Da er in Italien keine Anstellung findet, nimmt er 1914 die Stelle des Arztes auf der kleinen vor Sizilien liegenden Insel Castellamare an. Hier lernt er seine Frau Pina kennen, bekommt mit ihr drei Söhne und eine Tochter. Aber auch mit der Frau des Conte hat er einen gemeinsamen Sohn. Als dieser ihm die Stelle des Inselarztes aberkennt, nimmt sich Amadeo eines verfallenen Hauses an, dem „Haus am Rande der Nacht“, wie es die Einheimischen nenne und macht hier eine kleine Bar auf.

Auf der kleinen Insel, auf der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, fühle ich mich gleich wohl. Catherine Banner beschreibt die kleine Insel mit ihren Bewohnern, ihren Bräuchen, ihren Mythen und Eigenarten so liebevoll, dass es mir geht wie drei Generationen der Familie Esposito. Ich wäre auch dort geblieben. Zumal im Laufe der Jahre ganz langsam die Modernisierung kommt. Das erste Auto fährt über die Insel, die Häuser bekommen Strom, der erste Computer wird noch misstrauisch beäugt. Amadeo hält die vielen kleinen Geschichten der Insel in seiner roten Kladde fest. Aber auch die Nöte und Sorgen der Familie bleiben nicht unerwähnt.

So wird die Bar im Haus am Rande der Nacht von einer in die andere Hand gegeben. Ist immerwährender Ort, wo sich die Bewohner treffen, ratschen, tratschen und ein paar ungezwungene Stunden mit Reisbällchen und Limoncello verbringen.

Ich bin tief eingetaucht in die Geschichte der Familie Esposito und durfte sie bis ins Jahr 2009 begleiten. Die Insel hat sich in den Jahren stark verändert. Aber die Verehrung der Heiligen Santa Agatha bleibt.

Ich habe einen wundervoll ausgestalteten Familienroman gelesen. Gerne wäre ich noch länger auf Castellamare geblieben. Vielen Dank für ein paar wundervolle Lesestunden.