Rezension

Empfehlenswert

Ehre - Elif Shafak

Ehre
von Elif Shafak

Bewertet mit 5 Sternen

Ich kannte Elif Shafak vor diesem Buch nicht. Jedoch konnte sie mich schon mit der Leseprobe einfangen und begeistern. Das Buch habe ich genossen und konnte es kaum aus der Hand legen. Shafak hat einen so wunderbaren Schreibstil, der einfach nur einlädt beizubleiben. Die Geschichte ist aus einem Guss ohne Störungen oder Ungereimtheiten (zumindest sind mir keine aufgefallen). Elif Shafak zieht mit ihrer Familiengeschichte den Leser in ihren Bann und verschafft ihm einen Platz als stiller Beobachter und Zuhörer. Man muss sich anfangs daran gewöhnen, dass die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird und vor allem zwischen den Jahren hin und her wechselt. Eine kleine Hilfestellung bieten hier die Kapitelüberschriften. Hat man sich erstmal daran gewöhnt, ist es nicht mehr schwer der Geschichte zu folgen. 

Elif Shafak greift ein Thema auf, welches in Europa eher auf Unverständnis und Entsetzen stößt. Häufig kann man die Gründe für eine solche Tat - Ehrenmord - nicht nachvollziehen. Es fehlt das Wissen über die Religion und das Leben der Menschen und genau hier setzt Elif Shafak an. Sie erzählt von einer Familie, die ihre Wurzeln in einem kurdischen Dorf haben. Die Familie zieht jedoch bald nach Istanbul und schon dort erfährt man von den vielen kleinen und großen Unterschieden und den Problemen unter Kurden und Türken. 
Pembe, ihr Mann und ihre Kinder (Iskender, Esma und Yunus) ziehen weiter nach London und erst hier werden die kulturellen Probleme so richtig sichtbar. Pembe versucht die Traditionen der Heimat mit in das pulsierende Leben von London mitzunehmen und stößt dabei immer wieder an Grenzen. Doch nicht nur ihre Kinder entwickeln sich weiter, auch sie bekommt die Chance das Leben neu zu entdecken mit Elias. 

Während dessen lebt und arbeitet Jamila, ihre Zwillingsschwester weiter in der alten Heimat als Hebamme und (er)lebt die Traditionen des Landes bewusst mit. Das unterschiedliche Leben der Schwestern und doch die enge Verbundenheit, die sie haben, machen das Buch noch interessanter. Elif Shafak schafft es den Spannungsbogen zu halten und immer wieder kleine Impulse zu setzen. Der Sohn von Pembe, Iskender, erzählt sehr eindrucksvoll aus seiner Sicht über das Leben in London, seiner Erziehung und seiner Einstellung zum Verhalten der Familienmitglieder. Er, der Sultan, wie ihn seine Mutter nannte, muss jedoch auch lernen, dass London nicht das Dorf am Euphrat ist. 

Elif Shafaks "Ehre" wird nicht mein letztes Buch von ihr sein, denn sie schreibt mit so viel Liebe zum Detail ihre Geschichte, dass man das Gefühl bekommt, sie hat sie selbst erlebt.