Rezension

Erschreckend realistisch

Berlin Requiem - Peter Huth

Berlin Requiem
von Peter Huth

Bewertet mit 5 Sternen

Der Tag, an dem das Ende beginnt ...

Inhalt:
Berlin im Oktober: Eine rätselhafte Krankheit ist ausgebrochen. Die Infizierten fallen in ein Koma und erwachen dann plötzlich wieder - reagiert vom rasenden Instinkt zu töten. Die Bevölkerung ist verunsichert: Angeblich sind nur Menschen mit Migrationshintergrund betroffen. Kreuzberg und Neukölln gelten als kontaminiert, der Senat errichtet eine Mauer um das betroffene Gebiet. In diesen dunklen Stunden erhält der Journalist Robert Truhs einen politisch hochbrisanten Hinweis, der die noch bestehende Ordnung endgültig kippen könnte ... (Klappentext)

Zitat:
"Völker der Welt, schaut auf diese Stadt" sagt Ben "

Besser nicht" (Seite 292)

Meine Meinung:
Als erstes sollte ich eine Warnung aussprechen, denn kleinen Vermerk auf dem Cover kann man leicht übersehen. Dieses Buch enthält keinen Thriller, trotz zahllosen Zombies, sondern einen Roman über den Absturz einer Zivilisation.

Hier beschreibt der Chefredakteur der B.Z. wie seine Heimatstadt Berlin untergeht. Dabei zeigt er Gewinner und Verlieren, Siegern und Verlierern und falschen Propheten. 

 

Wie würdest du reagieren, wenn die Menschen die du liebst, von einer Seuche bedroht wird? 

Wie weit würdest du gehen, um deine Lieben zu schützen?

Wie lange hält unsere Menschlichkeit, wenn alle Damme brechen?

Was ist die Wahrheit wert?

Peter Huth beantwortet diese Fragen nicht, aber er gibt einen Ausblick auf das was sein könnte. Warum er dafür gerade Zombies wählte, kann ich nicht sagen. Doch die Bilder, die er in diesem Buch zeichnet sind, sind grausam realistisch und drastisch. Dabei geht er auch mit seiner eigenen Zunft (Journalisten) nicht zimperlich um. 

Ich empfand dieses Buch als unglaublich helftig, in seinen Bildern und seiner Wirkung auf mich. Ich konnte und wollte nicht in eins durch dieses Buch rutschen. Immer wieder brauchte ich etwas Leichtes für Zwischendurch, das mich von der düsteren Szenerie ablenkte. Die romantische Seite meiner Seele wünscht sich, das diese Aussicht auf unsere Gesellschaft unrechtmäßig übertrieben ist, doch der realistische Teil meines Inneren weiß, das es vielleicht sogar noch schlimmer werden könnte. Dies erklärt wahrscheinlich auch mit, warum ich nicht von dem Buch lassen konnte. Bis zur letzten Seite hoffte ich noch, das die Menschen sich besinnen, das die Menschlichkeit siegen würde. Eine Hoffnung, die sich wie so oft nicht erfüllte.

Die Charaktere, die wir durch diese Geschichte begleiten sind vielschichtig. Teils unvorhersehbar und teils berechenbar, doch alle müssen im Laufe der Geschichte mit ihrer Vergangenheit, mit ihrer Gegenwart und möglichen Zukunft befassen.

Da ist Robert Truhs, dessen große Zeit als Reporter scheinbar vergangen ist, vielleicht ist er auch nur ausgebrannt. Weder weiß er es so genau, noch erfährt es der Leser. In der Krise erlebt er auf jeden Fall eine Art Sinnkrise und er muss sich überlegen, ob er sein Leben weiter so egoistisch weiter verbringen kann - ohne sich über die Opfer seiner Karriere Gedanken zu machen. 

Sarah Samir ist eine Kollegin von Robert. Doch eigentlich ist sie mehr. Schon seit ihrer Jugendzeit führt sie eine On/Off-Beziehung mit Robert. Sie gehört zu den vielen Opfern Roberts, auch wenn sie sich nicht als solches sieht. Doch als Kind zweier Nationen, ist sie vor allem ein Opfer der Umstände. 

Christian von Possen ist Robert Freund und Chef. Irgendwie verbindet sie beide eine zerstörerische Hassliebe. Christian kennt keine Grenzen, hat sie nie kennengelernt und tritt damit eine Lawine los und alles im Namen der Wahrheit.

Olaf von Sentheim - Senator Berlins und eigentlich schon abgesägt auf Grund eines Skandals, tritt zu einem neuen politischen Höhenflug an. Er hält sich selbst für einen Strippenzieher und muss irgendwann erkennen, das man ihn zur Marionette und Sündenbock machen wird.

All diese Personen, werden von vielen Weiteren während der Geschichte flankiert. Wer hier nach Gewinnern sucht, wird nicht fündig werden. Jeder verliert, wenn auch jeder auf seine Art. 

Ich habe mich auf Grund seines Klappentextes für dieses Buch entschieden. Allerdings nicht auf Grund des ganzen Klappentextes. Ab dem Zeitpunkt, dann dem ich Krankheit , Berlin und Migrationshintergrund gelesen habe, wusste ich das ich das Buch lesen will. Das Wort Zombie haben meine Augen dann schon ganz bewusst nicht mehr an meinen Verstand weitergeleitet. Den ganz ehrlich: Ich mag keine Zombies. Ich kann mit so ziemlicher Ausgeburt der Literatur leben - Vampire, Werwölfe, Hexen und Zauberer - aber Zombies geht gar nicht. Ihr habe bisher auch nicht eine Rezi zu einem Zombie-Roman bei mir gelesen und werdet es auch sicher nicht. Doch dir hier ist kein typischer Zombie-Roman. Die Zombie sind eher eine Metapher für ein Krankheit die schon länger bei uns grassiert. Dafür das wir immer bei denen die Schuld suchen, die sich am wenigsten wehren können. So wie hier, wo aus den Lazarus-Virus ganz schnelle ein Mohamed-Virus und ein Türken-Gen wird. Nur um die allgemeine Bevölkerung ruhig zu halten. Doch die Wahrheit ist viel schlimmer und sie wird verheimlicht, weil Emporkömmlinge ihre Chance sehen. 

Dies alles ist nicht so fiktiv, wie wann vielleicht glauben will. Im Grunde gibt es sogar ein Beispiel welches noch gar nicht so lange her ist und auf welches auch der Autor sich bezieht - HIV. Auch diese Krankheit wurde genutzt um eine Minderheit noch mehr auszugrenzen. Man kann nur hoffen, das die Wahrheit am Ende immer siegt. 

Dieses Buch beginnt mittendrin und hört auf bevor es endet. Es lässt viel Raum für Spekulationen und Diskussionen. Und obwohl fiktiv, ist es erschreckend Real. Alles was hier gezeigt wird, war schon einmal und wird wahrscheinlich wieder sein. Dafür benötigt es nur einen kleinen Stoß und die Dominosteine werden wieder fallen. Was dann aus uns wird, liegt allein an uns.

Fazit:

Ich gebe diesem Buch 5 von 5 Punkten. Nicht für Spannung oder Dramatik, sondern für den Realismus, der noch immer in mir nachwirkt. Dafür das dieses Buch mehr als nur eine kurze Lektüre für mich war, die schnell vergessen ist.