Rezension

Rattenfängerpolitik und Zombie-Apokalypse

Berlin Requiem - Peter Huth

Berlin Requiem
von Peter Huth

„Walking deads“ sind nicht unbedingt das, worüber ich in einem Thriller lesen möchte, aber die Ausgangssituation in dem Zombie-Roman des Chefredakteurs der BZ Peter Huth hat mich dann doch neugierig gemacht, denn im Gegensatz zu den üblichen Veröffentlichungen in diesem Genre spielt die Geschichte nicht in einer fernen Zukunft und einer verwüsteten Welt, sondern im Berlin der Gegenwart.

Eine virale Infektion greift um sich, die allerdings nicht in allen Bezirken auftritt, sondern lediglich in Neukölln und Kreuzberg, den Stadtteilen, in denen die meisten Menschen mit Migrationshintergrund leben. Das Lazarus-Virus zeigt eine äußerst ungewöhnliche Ausprägung, denn einmal infiziert fallen die Betroffenen zuerst in ein tiefes Koma, aus dem sie dann mit immensen Persönlichkeitsveränderungen wiederauferstehen. Ihr Bestreben richtet sich nur noch darauf, ihre Mitmenschen anzufallen und zu töten. Schnell gerät die Bevölkerung in Panik, was durch die entsprechende Berichterstattung in der Presse noch forciert wird, sodass sich der Senat gezwungen sieht zu reagieren. Die betroffenen Gebiete werden hermetisch abgeriegelt, eine Mauer wird hochgezogen und Wachposten, die die Flucht der Gesunden verhindern sollen, werden strategisch verteilt.

Aber es gibt nicht nur die Panikmacher unter den Presseleuten, sondern auch noch die integeren Journalisten wie Robert Truhs, der eigentlich nur seine Freundin aus der Todeszone holen will, sich aber unvermittelt im Zentrum des Geschehens wiederfindet und bestrebt ist, die Eskalation zu verhindern.

Allerdings setzt der Autor bei seinen Figuren einen Typus Mensch voraus, der nicht weiter als von Tapete zur Wand denkt und alles glaubt, was ihm von Politik und Medien vermittelt wird. Chaos und Gefühl, Splatter und Zombie-Apokalypse als Ausgangspunkt, dazu Fremdenhass gepaart mit der kritischen Betrachtung der Rattenfängerpolitik während eines absoluten Ausnahmezustandes in der Hauptstadt - eine wilde Mischung, die sich Peter Huth hat einfallen lassen. Aber sie funktioniert, sogar sehr gut, selbst bei Lesern, die nicht unbedingt auf dieses Genre stehen. Der Grund liegt wohl darin, dass der Autor völlig unaufgeregt und sachlich distanziert seine Geschichte erzählt.