Rezension

Erschütternd gut

Melnitz -

Melnitz
von Charles Lewinsky

Bewertet mit 5 Sternen

Eigentlich ist es fast anmaßend, eine Rezension für dieses Buch zu schreiben, das einfach in einer ganz anderen Liga anzusiedeln ist als andere Bücher. Gut möglich, dass mir hier die Superlative ausgehen.

Dies ist die Geschichte einer jüdischen Familie aus der Schweiz, die über drei Generationen, von 1871 bis 1945 erzählt wird. Janki Meijer eröffnet einen Stoffladen und begründet damit eine Kaufhauskette. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg steht der Name Meijer für Qualitätskleidung. Und auch wenn sie in der neutralen Schweiz leben, erfahren sie immer wieder Ausgrenzung und Diskriminierungen wegen ihrer Religionszugehörigkeit. Wie es ist Jude zu sein, erlebt man hier eindrucksvoll mit.

Der Erzählstil ist zum Niederknien, hier sitzt jedes Wort, köstlich so manch jüdisch-schweizerische Wortschöpfung. Diesen Text kann man genüsslich schlürfen und sich an erstaunlichen Formulierungen und einem wunderbaren Humor erfreuen.

"Chanele hatte sich für dieses Gespräch Francois` Lächeln ausgeliehen, unerbittlich höflich und auf höfliche Weise unerbittlich."

„Kommen Sie“ sagte sie, und ihre Freundlichkeit saß schon nicht mehr passgenau.“

So etwas ist doch einfach erschütternd gut und lässt mich vor Ehrfurcht erschauern.

Dieses Buch hat alles, was ein gutes Buch braucht, höchst originelle Figuren, die mit all ihren Schrullen liebenswert sind, Witz, Poesie, Herz und Weisheit. Es macht Spaß und berührt auch sehr. Noch nicht einmal Schweizer Juden kommen ungeschoren durch zwei Kriege.

Es hat mir sogar noch besser gefallen als „Der Halbbart“.
Ich bin schwer begeistert und empfehle dieses Buch dringend.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 02. August 2021 um 18:58

Puh, kurz und knapp und doch alles drin. Wie machst du das?

Sursulapitschi kommentierte am 02. August 2021 um 19:02

Hahaha, dankesehr. <3