Rezension

Erzähltalent, wohltuend, hoffnungsgebend ...

Die Liebe an miesen Tagen -

Die Liebe an miesen Tagen
von Ewald Arenz

Bewertet mit 4 Sternen

Clara steht in ihrem Wochenendhaus auf dem Land und wartet auf die Interessenten. Dieses Haus ist mit Erinnerungen und Altlasten beladen und soll endlich wieder andere glücklich machen. Zwar mit Liebe renoviert, aber für eine Person zu viel Arbeit. So steht sie auf der Terrasse, als ein Mann um die Ecke kommt und ungewollt einen Kniefall hinlegt. Elias schaut erstaunt auf, als er zum ersten Mal Clara anschaut und sofort ist da eine bestimmte Aura zwischen den beiden. Ein Flirt, ein Spruch und eine Chemie, die sofort funktioniert. Für Elias dämmert es endlich, so kann sein Leben nicht weiterlaufen, er muss sich seinen Gefühlen stellen und mit seiner Freundin Schluss machen, weil es nicht das richtige Leben ist. Und Clara muss das Alleinsein überwinden und sich ihren Gefühlen Elias gegenüber stellen und endlich wieder lieben. Aber kann eine Liebe mit diesem Altersunterschied funktionieren? Was ist, wenn das Leben einen Strich durch die Rechnung macht? Und kann man auch nicht mehr ganz jung die große Liebe finden?

Ewald Arenz konnte mich schon mit „Alte Sorten“ und „Der große Sommer“ verzaubern und er hat eine ganz besondere Art, Geschichte zu erzählen. Dabei bekommen seine Worte eine Leichtigkeit, ohne an Ernsthaftigkeit zu verlieren und treffen beim Leser immer ganz genau den richtigen Ton und Gefühlslage. Nun bekam ich vom Verlag sein neustes Werk zugeschickt und war gespannt, in welche Lebenslage er uns nun wieder entführt. Wohin die Reise geht und ob mir diese gefallen hat, erzähle ich euch nun?

Clara ist Fotografin und gerade an einen Punkt, wo sie auf ihr Leben zurückschaut und sich denkt, das ist nicht meins gewesen. Sie führte eine Beziehung, die sie lösen wollte und dann eine Krebsdiagnose präsentiert bekommt. Kann man dann jemanden verlassen? Muss man den Weg mitgehen und was macht das mit einem selbst? Dazu kommt noch eine Kündigung, Eltern, die alt werden und mit ihren Aktionen alle Kinder auf Trab halten und nun Elias. Ein jüngerer Mann, ein Schauspieler und jemand, der bei Clara einen Punkt trifft, der schon lange vertrocknet gewesen zu sein schien. Sie bekommt Flügel, sie lebt auf und doch gibt es da auch viele Hürden und Lebenserfahrung, die im Weg stehen könnte.

Elias ist ein Mann, der sich schon recht gern bewundert sieht. Vielleicht auch eine Berufskrankheit, denn er ist Schauspieler und spielt nicht nur gern, sondern sich selbst auch was vor. So lebt er in einer Beziehung mit einer Frau, die er nicht liebt. Spielt seine Rolle, genießt gewisse Stunden und lässt doch bei den richtigen Fragen ein Fragezeichen stehen. Ihm ist schon lange bewusst, dass er da etwas ändern muss, aber es ist auch bequem, einen Menschen an seiner Seite zu haben, der einen bewundert. Durch Clara merkt er, dass er sich und seiner Freundin vieles verbaut, Träume nicht erfüllen kann und endlich ehrlich sein muss. Und außerdem hat es ihm diese Frau angetan. Clara älter, strenger, aber so schön und sein Herz schwingt wie schon ewig nicht mehr. Kann diese Verbindung endlich die Richtige sein?

Ewald Arenz stellt uns eine sehr interessante Frage? Woran erkenne ich, das ich das richtige Leben führe? Ja, woran eigentlich. Clara und Elias merken es, als sie den richtigen Menschen getroffen haben und feststellen, genau mit dem möchte ich die Liebe leben, eine Zukunft haben und mich festhalten. So steht das erste Drittel des Buches für die Verliebtheit, für die übersprudelnden Hormone, das Verrücktsein, das Hineinfallen und das Kennenlernen. Die Erkenntnis, mein altes Leben war falsch und bitte jetzt einen Neuanfang. Wunderbar beschrieben mit dieser Leichtigkeit, den Charme und Worten, die wohltuend sind. Überrascht hat mich, dass der Altersunterschied überhaupt keine Rolle gespielt hat. Auch wenn unsere Gesellschaft sich für tolerant hält, fällt eine älter Frau mit einem jüngeren Mann auf oder wird zum Gespräch. Hier kein Wort dazu, keine Thematisierung, fand ich ungewöhnlich, hat mich aber nicht gestört, denn ihre Leben stehen in Vordergrund.

Der zweite Abschnitt ist dann die Wende, kann eine Liebe so funktionieren, wenn keiner nach gibt. Eine Bewährungsprobe, die viele Paare durchmachen und auch diese beiden kämpfen mit und umeinander, allerdings spielen hier die Lebenszeit mit störend ein. Da gab es schon ein paar Punkte, die ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Und dann natürlich der dritte Teil, der zum Drama wird, um dann das Umdenken einzuleiten. Ohne Frage hat der Autor hier eine wunderbare Geschichte abgeliefert. Einfühlsam, leichtfüßig und mit vielen Punkten, die nachdenklich stimmen. Aber hier gibt es einfach ein paar Stellen, die ich nicht ganz nachvollziehen kann. Clara und der Kampf um ihre Position als Nummer eins. Elias, der sich zu leicht im Leben bewegt. Und eine Krankheit, die dafür sorgt, dass man sich doch wieder findet. Ich habe es gern gelesen und klar war ich mit dem Ende versöhnt, aber so im Nachgang hatten mir seine vorherigen Werke einen ticken besser gefallen, das war runder, harmonischer, überzeugender für mich. Trotzdem, für meine wunde Seele tat die Geschichte gut, hat mich gut unterhalten und manches muss man auch einfach mal hinnehmen.

Die Liebe an miesen Tagen, ist toll erzählt, bringt Hoffnung und heilt so manche geschundene Seele. Nicht der beste Arenz, aber wieder tolle Unterhaltung in einer berauschenden Sprache.