Rezension

Fesselnder historischer Roman

Sklaven für den Kalifen - Manfred Lentz

Sklaven für den Kalifen
von Manfred Lentz

Bewertet mit 5 Sternen

„...Zwar waren die Reisen, die dich in die Große Wüste und darüber hinaus geführt haben, beschwerlich und obendrein voller Gefahren, aber stets waren sie auch ein Labsal für deine Seele und eine Medizin gegen die Unruhe, die du in deinem Herzen trägst...“

 

Wir schreiben ungefähr das Jahr 980. In Spandau beobachten Malina und ihre Freundin Byla den alljährlichen Sklavenzug, der durch ihre Gegend zieht. Myslaw, Malinas Bruder und Fährmann, setzt die Gruppe über den Fluss. Wenige Tage später gehören Malina und ihre Brüder selbst zu den Sklaven, denn auf dem Weg zu einem Fest werden sie gefangen genommen. Heinrich, Krieger eines deutschen Markgrafen, will Malina retten, wird aber so unter Druck gesetzt, dass er wegen Malina auf seine mögliche Befreiung verzichtet.

Der Autor hat einen fesselnden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte lässt sich gut lesen.

Der Autor spannt einen weiten Bogen um das Geschehen der damaligen Zeit. In Spandau herrschen die Deutschen. Das aber führt zu Hass und Rache bei den Slawen. Typischer Vertreter dieser Gruppe ist Myslaw. Selbst in der Gefangenschaft nutzt er jede Möglichkeit, Heinrich zu schaden. Mit dem Zug der Sklaven gelange ich als Leser nach Cordoba. Doch damit ist der Weg noch nicht zu Ende. Ich begleite Heinrich mit seiner Karawane durch die große Wüste in das Goldland Gana.

Der Schriftstil des Buches ist abwechslungsreich. Während auf dem Marsch der Sklaven die Beschreibung von Land und Leuten eher sachlich geschieht, verwendet der Autor zur Darstellung von Cordoba eine fast blumige Sprache, die angelehnt ist an die Sprachbilder des Orients. Dadurch wird deutlich, dass sich nicht nur für Malina, die bisher kaum über ihr Dorf herausgekommen ist, sondern selbst für Heinrich eine völlig neue Welt öffnet. Ein sprachlichen Kunstgriff nutzt der Autor bei der Darstellung der Arbeit in den Salzminen. Hier lässt er einen Ich-Erzähler berichten, bei dem die Arbeit schon Spuren in Sinn und Geist hinterlassen hat. Sehr gut ausgearbeitete Dialoge weisen auf die Probleme der Zeit hin. Zwei möchte ich besonders erwähnen. Obiges Zitat fällt im Gespräch von Ibn Said und Abu Imram in Cordoba. Dadurch erhalte ich sofort einen Einblick in das Denken in diesem Teil der Welt. Ein zweiter Dialog wendet sich der Christianisierung der Slawen zu. Hier prallen die Meinungen eines Bischofs und eines Priors knallhart aufeinander. Letzterer allerdings hat das Problem erkannt. Glaube lässt sich weder erzwingen, noch mit Gewalt durchsetzen. Gewalt erzeugt Hass und führt das Gebot der Liebe ad absurdum.

Von Anfang an entwickelt sich eine zarte Zuneigung zwischen Malina und Heinrich. Das aber passt Myslaw überhaupt nicht. Viel Wert legt der Autor auf die Emotionen seine Protagonisten. Myslaws Hass auf alles Deutsche, aber auch seine Hinterhältigkeit, Malinas Empathie gegenüber Schwächeren, ihre Sehnsucht nach Heinrich, aber ebenso ihre Eifersucht sind nur wenige Beispiele dafür. Die Gnadenlosigkeit der Sklaventreiber wird an jede Etappe des Marsches spürbar. Ein Menschenleben zählt nicht.

Der Spannungsbogen der Geschichte ist hoch. Das liegt auch an den komplexen Beziehungen zwischen den Protagonisten und den geschickt kreierten Charakteren einiger Nebenfiguren.

Der Epilog gibt einen kurzen Einblick in Ereignisse, die wenig später geschehen.

Hintergrundinformationen des Autors und ein Glossar ergänzen das Buch.

Das Cover mit den sich zuneigenden Händen zweier Sklaven vor orientalischer Kulisse passt zur Handlung.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ermöglicht mir einen vielschichtigen Blick in eine lang zurückliegende Zeit und lässt Parallelen zur Gegenwart erkennen.