Rezension

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Gute Grundidee, aber ingsgesamt enttäuschend

Das letzte Spiel -

Das letzte Spiel
von Gero Pfeiffer

Bewertet mit 2 Sternen

Philipp Wendelstein, von Beruf Rechtsanwalt, führt ein gewöhnliches Leben. Er ist gelangweilt von seiner Arbeit, zuweilen genervt von seiner jüngeren Freundin, die mit ihrem Studium nicht vorankommt und doch traut er sich nicht, etwas zu verändern. Als er im Wald ein verwittertes Schachspiel findet, auf dem eine Partie angefangen wurde, macht er den ersten Zug. Immer häufiger kehrt er zu dem Spiel zurück, tätigt Zug um Zug, doch er spielt gegen einen übermächtigen Gegner. Währenddessen sterben oder verschwinden Menschen in seinem Umfeld. Erst zu spät entdeckt Philipp den Zusammenhang zwischen dem Spiel und den Mordfällen.

Das Cover versprüht eine gruselige Atmosphäre, die Komposition aus Schrift, Farben und Motiven passt perfekt zusammen. Dadurch wurde ich das Buch aufmerksam, zusammen mit dem Klappentext, war ich sicher: das muss ich lesen! Die Schachthematik bietet ein interessantes Setting mit sehr viel Potential für einen (Psycho-)Thriller.

Zunächst einmal das Positive: der Schreibstil ist bildhaft und leicht lesbar. Für einen Thriller haben mir die Umgebungsbeschreibungen sehr gut gefallen. Manche der Waldszenen erhalten dadurch eine schön gruselige Atmosphäre – hier liegen für mich eindeutig die Stärken dieses Buches.

Leider war es das dann aber auch an Positivem. So angenehm der Schreibstil ist, so qualvoll ist es, sich durch die monologartigen Gedanken des Protagonisten zu kämpfen. Seite um Seite badet er sich in seinem selbstgerechten Selbstmitleid und der Leser muss natürlich jeden dieser Gedanken miterleben. Wie böse die Umwelt ist, wie unglücklich er mit allem ist. Jede einzelne Seite schreit: Midlife-Crisis! Das führt auch dazu, dass der Protagonist nicht besonders sympathisch wirkt. Während sein Leben zusammenbricht, war ich bereits so genervt, dass ich nicht mal mehr Mitleid für ihn aufbringen konnte. Leider gibt es auch nicht wirklich viele sympathische Nebenfiguren. Philipps Freundin Tanja ist ein hohles Klischee. Tochter eines reichen Vaters, der ihr den Geldhahn zugedreht hat, weil sie den falschen Mann datet, also lässt sie sich nun von diesem Aushalten. Und der ist genervt davon. Zwar taucht zwischendurch ein Schimmer Liebe zwischen den beiden auf, doch die meiste Zeit sind sie genervt von einander. Die „Prinzessin“ urteilt nämlich über alles, was ihr Liebster tut. Einzig Felix Burjahn, Philipps engster Freund, wirkt halbwegs sympathisch, wenn auch ebenso platt und unrealistisch wie Philipp und Tanja. Im Gegensatz zu Philipp ist er nämlich ein Abenteurer, dessen Ziel es nicht ist, den dicken Porsche Cayenne vor der Tür stehen zu haben. Dadurch sind Philipp und er zwar spannende Gegensätze, über diese Stereotype kommen sie jedoch nicht hinaus – schade, da wäre Potential gewesen.

Dazu kommen noch die Polizisten, die absolut unfähig zu sein schein, aber gerne einen auf dicke Hose machen. Eine Spur scheinen sie das ganze Buch über nicht zu haben – wie auch, wenn der eine von ihnen mehr damit beschäftigt ist, sich an das Püppchen Tanja ran zu machen und auf ihrer Veranda in der Dienstzeit Bier zu trinken?

Eingeschoben werden kurze Abschnitte aus Perspektive des Täters, sie sind rar gesät, allerdings das spannendste. Hierbei halten keine langweiligen Gedankengänge und Banalitäten des Alltags etwas auf, es geht zur Sache. Zumindest halbwegs. Denn hier übt der Autor Zurückhaltung, wie man sie bei einem Jugendbuch erwarten würde, nicht aber bei einem Psychothriller für erwachsene.

Die Handlung selbst plättschert im ersten Drittel vor sich hin. Spannung kommt nicht wirklich auf. Danach wird es besser – zumindest stellenweise. Manchmal gibt es ein bisschen Action, die aber schnell von den erwähnten Monologen abgelöst wird. Philipp schwankt hierbei dann wahlweise zwischen Selbstmitleid und Selbstgerechtigkeit. Ansonsten reiht sich auch hier Klischee an Klischee: der Tote mit dem dunklen Geheimnis, der unheimliche Förstersohn der eine Beeinträchtigung hat (und wahrscheinlich gruselig sein soll – hätte es da kein anderes Mittel gegeben?!), der fast magische innere Drang immer wieder zu dem Schachspiel zurückzukehren. Philipp knüpft relativ schnell die Verbindung – wie auch immer und sein bester Freund glaubt ihm auch noch halbwegs.

Die Auflösung des Ganzen – ohne zu viel verraten zu wollen – ist leider auch enttäuschend. Die Grundidee ist verständlich, wird aber nicht überzeugend umgesetzt und wurde auch wieder aus der Klischeekiste gezogen.

Schade, insgesamt wäre bei dieser Geschichte so viel möglich gewesen. Für mich ein durch und durch enttäuschendes Buch, auf das ich mich ursprünglich so sehr gefreut hatte.