Rezension

Klinisch reine Opfer

Das Hospital - Oliver Ménard

Das Hospital
von Oliver Ménard

Bewertet mit 5 Sternen

Eine weibliche Wasserleiche wird in Berlin an der Spree gefunden. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass ihr die Lippen fehlen. Das Gesicht des Opfers ist entstellt, die Lippen wie herausgeschnitten. Zufällig war Benno in der Nähe, ein Freund von Albert, der wiederum der Freund von der TV-Journalistin Christine Lenève ist. Christine und Albert sind seit dem Ikarus-Fall, der sich vor einigen Monaten ereignete, ein Paar. Auch diesmal wollen beide den Mordfall parallel zu der Mordkommission aufklären. Doch Christine bevorzugt lieber alleine zu arbeiten, zumindest was die Zusammenarbeit mit Kommissar Tobias Dom betrifft. Allerdings entwickelt sich dieser Mordfall zu einer Serie, nachdem zwei weitere Frauen Opfer werden. Einer weiteren Frau fehlen die Augen. Als Nana Reinhardt ermordet aufgefunden wird, ist das Privatleben von Albert und Christine betroffen, denn Nana, Benno, ein weiterer Freund und Albert bildeten in der Vergangenheit eine professionelle Hackergruppe.

Mit „Das Hospital“ folgt nach „Federspiel“ der zweite spannende Thriller des Berliner Autors Oliver Ménard. Seine Hauptprotagonistin Christine Lenève – eine TV-Journalistin – gab in Federspiel bereits ihr Debüt. Man muss Federspiel nicht gelesen haben, um das Privatleben von Christine nachvollziehen zu können, aber der erste Thriller ist schon ein Muss, um einen ausgeklügelten Thriller kennenzulernen. In „Das Hospital“ spielen Opferrituale und Recherchefakten der Hauptprotagonistin und deren Begleiter Albert und Benno eine große Rolle. Diesmal spielt Polizeikommissar Tobias Dom eher eine Nebenrolle, was auf Christines eigensinnige Vorgehensweise zurückzuführen ist. Christine bleibt die resolute und nach vorne schauende Journalistin, wobei Albert teilweise durch seine Emotionen schwächer wirkt, und Konflikten aus dem Weg geht. In diesem Fall liebt der Täter die Ordnung und Präzision in seinem Vorhaben. Das Motiv bleibt lange Zeit nebulös und geheimnisvoll, was zur Spannung des Thrillers beiträgt. Letztendlich agieren in einem psychologischen Verwirrspiel abwechslungsreiche Charaktere mit Schwächen und Stärken, die teilweise hässliche Abgründe in ihren Biografien aufweisen.

Oliver Ménards Thriller können zu echten Konkurrenzbüchern von Sebastian Fitzek werden. Hinter unscheinbaren Buchcovern wie bei dem Thriller Federspiel können fulminante Geschichten mit abwechslungsreichen Charakteren, interessanten Fakten, mit Humor sowie Hochspannung pur beinhalten. Und man lernt einige neue Tatsachen kennen, von denen man vorher noch nichts gelesen oder gehört hat. Aber nicht nur seine Thriller sind unterhaltsam, sondern auch von ihm (intensiv) begleitete Leserunden, die man nicht missen möchte. Deshalb mein Appell an den Autor: bitte schreibe weiterhin so spannende und abwechslungsreiche Thriller.