Rezension

knallhart, direkt, schnörkellos

Amen - Rudi Jagusch

Amen
von Rudolf Jagusch

Bewertet mit 5 Sternen

AMEN hält sich gar nicht erst mit langem Vorgeplänkel auf, sondern kommt gleich zur Sache: Ein Mann verschanzt sich im Kölner Dom und droht sich in die Luft zu sprengen. Zack, da ist der Leser gleich mitten im Geschehen, ohne langes Vorspiel. So liebe ich meine Thriller – knallhart, direkt, schnörkellos.

Rudi Jagusch schreibt sehr rasant. Je temporeicher die Handlung ablief, desto kürzer und präziser feuerte er dem Leser Szenen und Emotionen um die Ohren. Entsprechend kurz waren die Kapitel angelegt (63 Kapitel auf 385 Seiten). Informationen über die jeweiligen Personen dienten für meinen Geschmack nur dazu, sie angemessen zu verstehen, nicht, um sie ins Herz schließen zu können.

Interessant war die Person Landgräf, der Kommissar, der unglücklich in die Situation geriet und bei dem Bombenattentäter auf einen alten Bekannten traf. Diesen Strang nahm der Autor geschickt auf und erzählte die Vorgeschichte beider Beteiligten, sowohl einzeln, als auch die Situation, die beide in der Vergangenheit zusammenführte.

Viel interessanter war jedoch der Bombenattentäter Roman Winter. Hier unternahm der Autor gar nicht erst den Versuch, ihn sympathisch wirken zu lassen. Er ist gewalttätig, narzisstisch, das personifizierte Böse, dem man niemals begegnen möchte und wenn doch, wünscht man sich ebenfalls einen Bombengürtel, um das eigene Leid abzukürzen. Das machte Winter aber auch schwer durchschaubar, seine Motivation, den Dom und sich in die Luft zu jagen, war lange unklar.

Lange Zeit hatte ich eine Vermutung, worauf die Handlung hinausläuft, aber diese Idee fiel ein gutes Stück vor dem Ende wie ein Kartenhaus zusammen, der Ausgang der Story wurde damit wieder völlig offen und endete letztendlich in einem genialen Showdown.

Insgesamt ist AMEN von Rudi Jagusch eine der Thriller-Perlen, die ich lange vermisst und gesucht habe. Schnörkellos, auf den Punkt genau, ohne unnötiges Geschwafel aus dem Leben aller Beteiligten. Das ungute Gefühl blieb allerdings bis zum Schluss: was, wenn dieses Buch gar keine Fiktion wäre?
Bitte mehr davon!