Rezension

Kreative, mitreißende, diverse Jugend-Fantasy mit Figuren, die einem ans Herz wachsen!

Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger -

Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger
von Caroline Brinkmann

~ Caroline Brinkmann zeigt mit „Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger“ wie deutschsprachige Jugendfantasy geht! Sie überzeugt mit einer kreativen, asiatisch angehauchten Welt, einem flüssigen Schreibstil, dem großartigen Humor, ihrer tiefgründigen Behandlung ernster Themen und ihren liebevoll ausgearbeiteten Figuren. Auch der mitreißende Plot, die dichte, geheimnisvolle Atmosphäre und der durchgängige Spannungsbogen begeistern. Am besten haben mir aber die vielen starken weiblichen Figuren, die unaufgeregte Diversität und der gezielte Bruch mit Geschlechterstereotypen gefallen. Hier hat Caroline Brinmann wirklich alles richtig gemacht und damit ein sehr empfehlenswertes Jugendbuch geschaffen, das veralteten Rollenbildern den Kampf ansagt! Kleine Schwächen fallen da überhaupt nicht ins Gewicht. Ich habe jedenfalls mein erstes Jahreshighlight 2021 gefunden! Für mich ist „Die Clans von Tokito“ ein Jugend-Fantasybuch, an dem man in diesem Jahr nicht vorbeikommt – und zwar zu Recht. Unbedingt lesen! ~

* Spoilerfreie Rezension! *

Inhalt

In der gefährlichen Megastadt Tokito regieren 6 verschiedene Clans. Als Erin aus dem Lotusclan aufgestoßen wird, gilt sie als vogelfrei. Organhändler entführen sie, doch sie überlebt. Allerdings ist der Preis hoch: Sie macht einen Deal mit einem Dämon, ist fortan besessen. Und gerade dann verschwindet ihre beste Freundin, und Erin muss alles geben, um sie wiederzufinden…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband (zumindest nach aktuellem Stand, eine Fortsetzung wird aber nicht ausgeschlossen)
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel
Tiere im Buch: + Es werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: Gewalt gegen Kinder, Tod von Menschen, Blut, Gewalt;
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Warum dieses Buch?

Die Grundidee mit den Clans hat mich total an „Die Bestimmung“ von Veronica Roth erinnert – und dieses Buch mochte ich sehr! Auch die ersten Rezensionen haben mich sehr neugierig gemacht.

Meine Meinung

Das hat mir gefallen…

… das überzeugende Worldbuilding. Mit ihrer kreativen asiatisch angehauchten Welt hat mich die Autorin auf ganzer Linie überzeugt. Es hat mir großen Spaß gemacht, das spannende System der Clans und die vielen liebevollen Details zu entdecken! Am besten gefallen haben mir die fremdartigen Tiere, die sich die Autorin ausgedacht hat, wie z. B. die kleinen, niedlichen Müllquallen. (5 Lilien ♥)

„Ein Methanwal schob seinen gigantischen, aufgedunsenen Körper durch die Smogwolke und tauchte hinab. Er öffnete sein Maul und zog die verseuchte Luft ein, um sie zu filtern.“ E-Book, Position 26

… der Schreibstil. Ich muss allerdings zugeben, dass ich am Anfang Probleme damit hatte; er wirkte auf mich ein wenig hölzern. Mit jedem Kapitel hat mir die flüssige, für ein Jugendbuch überraschend komplexe Sprache jedoch besser gefallen, denn sie überzeugt sowohl in emotionalen als auch in geheimnisvollen und spannenden Momenten. (4 Lilien)

„Die Regeln waren einfach: Nur wer Arbeit hatte, gehörte zu einem Clan. Und nur wer zu einem Clan gehörte, war in Tokito sicher, denn die Zugehörigkeit beschützte einen vor Abschaum wie Menschenhändlern.“ E-Book, Position 53

… die tiefgründige Verarbeitung der Themen. In „Die Clans von Tokito“ gelingt es der Autorin, ernste Themen wie Existenzangst, Armut, Selbstzweifel, Freundschaft und Familie anzusprechen und diese mit überraschender Tiefe zu behandeln. Gleichzeitig wird das jugendliche Zielpublikum aber trotzdem nicht überfordert. Besonders gut gefallen hat mir hier auch, dass immer wieder Vorurteile über die Mitglieder der verschiedenen Clans gebrochen werden und dass auch moralische Fragestellungen im Mittelpunkt stehen. (5 Lilien ♥)

„‘Ich bin kein Monster‘.
Tief drinnen schleppt jeder ein Monster mit sich herum.‘“ E-Book, Position 1786

… der Humor. Ich habe den Humor im Buch absolut geliebt! An vielen Stellen musste ich sogar laut auflachen. (5 Lilien ♥)

… die liebevoll ausgearbeiteten Figuren. Man merkt deutlich, dass die Autorin viel Zeit und Energie in die Charakterentwicklung gesteckt hat. Ihre sympathischen und interessanten Figuren überzeugen bis in die Nebenrollen und haben glaubwürdige Stärken und Schwächen. Besonders die Protagonist/innen machen zudem eine überzeugende Entwicklung durch! Gegen Ende des Buches habe ich gemerkt, dass sie mir Erin, Kiran und Co echt ans Herz gewachsen sind, was ich sehr schön finde. (5 Lilien ♥)

… die Atmosphäre. Sie ist nämlich dicht und geheimnisvoll, was mir sehr gut gefallen hat. Mithilfe von vielen kleinen Details sorgt die Autorin dafür, dass man nie vergisst, in welcher Welt man sich gerade befindet. Deshalb taucht man beim Lesen auch voll und ganz in diese faszinierende Geschichte ein. (5 Lilien ♥)

„Ich spürte die Dunkelheit, die mich mit unnachgiebigen Klauen umschloss. Ich spürte ihre Präsenz wie ein leichtes stetiges Schaben, das gegen mein Bewusstsein klopfte, in der Hoffnung, eingelassen zu werden.“ E-Book, Position 1129

… die Spannung und der wendungsreiche, mitreißende, emotionale Plot. Die Geschichte setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen; unter anderem steht auch Mordermittlung im Mittelpunkt. Als begeisterte Thriller-Leserin hat mir das natürlich gefallen. Etwa ab dem ersten Viertel steigt der Spannungsbogen langsam und kontinuierlich an. Am Ende werden alle Handlungsstränge auf gelungene Weise zu einem beeindruckenden Höhepunkt zusammengeführt, der mich begeistern konnte. Ob es eine Fortsetzung geben wird, steht im Moment noch nicht fest – das Ende wirft aber auf jeden Fall genügend Fragen auf, sodass es in einem zweiten Teil bestimmt noch einiges zu erzählen gäbe. (4 Lilien)

… die Diversität und der Bruch mit Geschlechterstereotypen. Die Autorin hat beim Schreiben des Buches sehr darauf geachtet, dass verschiedene Hautfarben und sexuelle Orientierungen vertreten sind, was ich sehr schätze. Sogar Menschen mit Behinderung sind durch einen gehörlosen Mann in mächtiger Position vertreten. Besonders gut gefallen hat mir hier, dass diese Aspekte aber nicht im Mittelpunkt stehen und die Figuren definieren, sondern dass sie ganz unaufgeregt in die Geschichte eingewebt werden. „Die Clans von Tokito“ besteht außerdem den Bechdel-Test, enthält viele starke weibliche Figuren (auch in hohen Positionen) und bricht ganz bewusst mit Geschlechterstereotypen, was ich wunderbar finde! So ist es Erin, die sich als junge Frau gerne prügelt, und Mikko, der sehr sensibel ist. An einer Stelle kämpfen sogar eine junge Frau und ein junger Mann miteinander – und es war einfach nur schön zu sehen, dass sie auf Augenhöhe sind.  (5 Lilien ♥)

Das lässt mich zwiegespalten zurück:

… der Einstieg. Es dauert doch eine Weile, bis die Geschichte ins Rollen kommt. Das liegt natürlich auch daran, dass die Welt zuerst einmal vorgestellt werden muss. Ich habe deshalb ein paar Kapitel gebraucht, bis ich ins Buch gefunden habe. (3 Lilien)

… die Kapitel aus Ryannes Sicht. Besonders in der ersten Hälfte des Buches fand ich Ryannes Geschichte etwas schwach und wenig spannend. Hier war eindeutig noch Luft nach oben. (3 Lilien)

Das hat mir nicht gefallen:

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Mein Fazit

Caroline Brinkmann zeigt mit „Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger“ wie deutschsprachige Jugendfantasy geht! Sie überzeugt mit einer kreativen, asiatisch angehauchten Welt, einem flüssigen Schreibstil, dem großartigen Humor, ihrer tiefgründigen Behandlung ernster Themen und ihren liebevoll ausgearbeiteten Figuren. Auch der mitreißende Plot, die dichte, geheimnisvolle Atmosphäre und der durchgängige Spannungsbogen begeistern. Am besten haben mir aber die vielen starken weiblichen Figuren, die unaufgeregte Diversität und der gezielte Bruch mit Geschlechterstereotypen gefallen. Hier hat Caroline Brinmann wirklich alles richtig gemacht und damit ein sehr empfehlenswertes Jugendbuch geschaffen, das veralteten Rollenbildern den Kampf ansagt! Kleine Schwächen fallen da überhaupt nicht ins Gewicht. Ich habe jedenfalls mein erstes Jahreshighlight 2021 gefunden!  Für mich ist „Die Clans von Tokito“ ein Jugend-Fantasybuch, an dem man in diesem Jahr nicht vorbeikommt – und zwar zu Recht. Unbedingt lesen!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Lilien ♥
Umsetzung: 5 Lilien ♥
Worldbuilding: 5 Lilien ♥
Einstieg: 3 Lilien
Ende: 4,5 Lilien 
Schreibstil: 4 Lilien
Protagonist_innen: 5 Lilien ♥
Figuren: 5 Lilien ♥
Spannung: 4 Lilien
Atmosphäre: 5 Lilien ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Lilien ♥
Einzigartigkeit / Chance, dass ich das Buch nie vergessen werde: hoch

Insgesamt:

❀❀❀❀❀♥ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir fünf Lilien und ein Herz und damit den Lieblingsbuchstatus!