Rezension

Lebensmittelmafia

Teufelsfrucht - Tom Hillenbrand

Teufelsfrucht
von Tom Hillenbrand

Harte Jahre hatte Xavier Kieffer bei seinem Lehrmeister Paul Boudier im „Renard Noir“ absolviert und sich nach verschiedenen Zwischenstationen entschlossen, der Haute Cuisine den Rücken zu kehren. Er kann ein kleines Spezialitätenrestaurant in der Luxemburger Unterstadt sein Eigen nennen, das „Deux Eglises“. Schlichte Klassiker zieren seine Speisekarte, sein Weinlager ist nach ausgedehnten Streifzügen durch die verschiedenen Weinregionen bestens gefüllt. Eines Tages erscheint in seinem Restaurant ein Restaurantkritiker, der nach der Vorspeise tot zusammenbricht. Der Tote ist Agathon Ricard, ein Tester des Guide Gabin aus Paris. Eben noch leidenschaftlicher Koch, gehört Kieffer plötzlich zum Kreis der Verdächtigen. Früher hatte Xavier gern bei einem guten Gläschen Wein und einem deftigen Abendessen mit seinem Freund, dem finnischen EU-Beamten Pekka Vatanen, in seinem Garten gesessen. Das ist vorbei und da das „Deux Eglises“ vorübergehend geschlossen wird, beginnt Kieffer selbst zu ermitteln. Zuerst fährt er nach Paris zur Chefin des Guide Gabin, später zu seinem Lehrmeister, dem Tyrannen Boudier. Das „Renard Noir“ ist bis auf die Grundmauern abgebrannt und von Boudier keine Spur. Kieffer bricht heimlich in dessen Heiligtum ein und entdeckt eine mysteriöse, wohlschmeckende Frucht. Auch mit seinem früheren Kollegen Leonardo Esteban, einem inzwischen bekannten und gefeierten TV-Koch des französischen Fernsehens, nimmt Kieffer Kontakt auf. „Immer tiefer taucht Kieffer in die von Konkurrenzkampf und Qualitätsdruck beherrschte Gourmetszene ein – und erkennt, was auf dem Spiel steht.“ 

„Teufelsfrucht“ ist ein kulinarischer, kurzweiliger Kriminalroman. Der Autor versteht es, den Leser mit seinem detaillierten und gut recherchierten Wissen über die Machenschaften der Lebensmittelkonzerne, deren einziges Interesse es ist, Geld zu scheffeln, zu unterhalten. Seine Ortskenntnisse entsprechen fast denen eines Stadtführers, lebte der Autor ja während seines Praktikums in Luxemburg. Die nicht sehr emsigen EU-Beamten werden auch schon mal auf die Schippe genommen. Der Autor hat in seiner Hobbyküche eine flüssig zu lesende, glaubwürdige Geschichte zusammengebraut und dem Leser gespickt mit guten Dialogen serviert. Er balanciert zwischen den eigentlichen Verbrechen und den für den Leser wichtigen Hintergrundinformationen. Trotz des inzwischen leider sehr aktuellen und wie es scheint, dem Autor sehr am Herzen liegenden Themas, bleibt auch der Humor nicht auf der Strecke. So besitzt Xavier z.B. von Wollmäusen okkupierte Pullover, überreicht einem verdutzten Verkäufer in einem Herrenausstatter schnell mal seine Einkaufsliste, als wäre er auf dem Gemüsemarkt und Pikka, in dessen Adern Lappländerblut fließt, würde seinen Freund mit einem finnischen Jagdmesser, das „scharf wie des Teufels Schwester“ ist, verteidigen. 

Hat man anfänglich noch Heißhunger auf die verschiedensten Spezialitäten die Xavier Kieffer in seinem Spezialitätenrestaurant seinen Gästen liebevoll serviert, wie Bouneschlupp, Huesenziwwi oder Mummentaart, bleibt dem Leser zum Ende hin schon der Bissen im Halse stecken. Ekelhaft, aber leider nicht realitätsfern, was Tom Hillenbrand seinem Protagonisten schlußendlich auf den Teller legt. Ich wurde gut unterhalten und werde auch den im April erscheinenden zweiten kulinarischen Kriminalroman von Tom Hillenbrand „Rotes Gold“ lesen.