Rezension

Leopard: Spannende Story und tolle Dialoge!

Leopard - Jo Nesbø

Leopard
von Jo Nesbø

Bewertet mit 4 Sternen

~Harry Hole ist sicherlich alles andere als ein langweiliger Serienheld. Unkonventionell, unangepasst, meist betrunken. Er ist kaputt! Beyond repair wie er selbst betont.
Und doch zweifelt der Leser nicht daran, dass er der richtige Mann für den Fall ist.

Zuerst muss ich aber die abstoßenden detaillierten Beschreibungen der Morde rügen. Damit beginnt der Roman und schreckt sicher viele Leser ab, was schade ist. Auch danach wiederholen sich Mordszenen, die den Sadismus des zeitgenössischen Thrillers besitzen. Anscheinend ist das heutzutage so gefordert und Leser können nicht genug davon bekommen. Autoren und Verlage erfüllen diese Wünsche sofort und ohne nachzudenken. Das ist in diesem Fall besonders bedauerlich, denn man fragt sich, warum Jo Nesboe sich nicht einfach auf sein Talent zum schreiben verlässt. Gefesselt wird man von seinem Stil sofort.
Aber damit genug der Gesellschafts- und Medienschelte.

Harry Hole ist am Anfang des Romans ziemlich abgestürzt und zwischen Alkoholismus, Opiumsucht und Todessehnsucht lebt. Hinzu kommt, dass er auch noch bei den chinesischen Triaden verschuldet ist. Fatal! Doch er wird ausgelöst, weil er in der Heimat dringend als geheimer Ermittler benötigt wird, um einen psychopathischen Serienmörder zu stoppen. Was sonst. Sehr originell ist diese Idee nicht, dafür ist die Ermittlung komplex und gut ausgetüftelt. Ob der Leser eher auf den Mörder kommt als Harry Hole und sein Team? Schwer zu sagen, ein miträtseln ist unvermeidlich.

Obwohl Harry Hole durch sein Auftreten und den ironischen Sprüchen ein unterhaltsamer Protagonist ist, werden bei ihm und einigen Nebenfiguren auch zahlreiche Klischees bedient.
Das gleicht sich aus durch die vielen süffigen Dialoge, die wirklich ein Genuss sind.

Außerdem gibt es doch viel Verblüffendes. Das Harry Hole anfangs aus Hongkong zurück nach Oslo geholt wird, ist eine Sache. Dass er dann nach 200 Seiten aber nach Ruanda fliegt, ist überraschend. Dann konkurriert noch die Vorgesetztenebene Dezernat für Gewaltverbrechen und dem Kriminalamt bei der Ermittlung und Harrys Position wechselt vom Geheimermittler zum Sündebock hin und her. Es gibt auch einen Maulwurf in der Abteilung. Dann hat auch der Schneemann, bekannt aus dem Vorgängerbuch, noch mall einen kleinen Auftritt.
Harrys Privatleben wird im Buch auch behandelt. Sein Vater liegt sterbend im Krankenhaus.
Diese Vermischung von Kriminalfall und privates ist gut gelungen und erinnert an Liza Marklunds Reihe um die Journalistin Annika Bengtzon.

Was den Roman aus dem stark überfrachteten Bereich Krimi/Thriller herausragen lässt, ist die überaus geschickte Handlungsführung. Jo Neboe versteht es, Spannung zu erzeugen.