Rezension

Lügen, Geheimnisse und Erinnerungen

Wer ist Mr Satoshi? - Jonathan Lee

Wer ist Mr Satoshi?
von Jonathan Lee

In “Wer ist Mr. Satoshi?”, dem Debütroman des jungen Briten Jonathan Lee, geht es um Robert Fossick, genannt Rob oder Foss und seine Mutter Alice. Foss, 41, früher ein berühmter und erfolgreicher Fotograf, hat ein paar Jahre zuvor seine schwangere Frau Chloe bei einem grässlichen Unfall in Griechenland verloren. Seitdem führt er ein Einsiedlerdasein, ist depressiv, tablettensüchtig und alkoholabhängig. Er verlässt nur noch einmal monatlich seine Wohnung, um seine demente 80jährige Mutter im Heim zu besuchen. Bei seinem letzten Besuch zeigt seine Mutter ihm ein Päckchen, das einem ihm völlig unbekannten Mr. Satoshi zugestellt werden soll. Wenige Minuten später ist sie tot. Foss lernt Freddie, die lebenslange Freundin seiner Mutter kennen, die ihm die Existenz eines Satoshi bestätigt. Er hieß in Wirklichkeit Reggie und war die große Liebe seiner Mutter. Die Spuren in alten Briefen von Reggie an Alice führen nach Japan. Foss überwindet seine Ängste und Phobien und macht sich auf den Weg nach Tokio. Dort lernt er Chiyoko, eine attraktive junge Japanerin kennen, die ihm bei der Suche hilft und ihn nach Sapporo begleitet, wo sich Satoshi aufhalten könnte, wenn er denn noch lebt.

Die Geschichte wird im Wesentlichen aus der Sicht des Protagonisten erzählt, den der Leser auf seiner Reise in eine völlig andere Welt und zu sich selbst begleitet. Thematisch geht es um Liebe und Verlust, Verzweiflung und Erlösung. Foss muss erkennen, dass seine Mutter wesentliche Teile ihrer Geschichte vor ihm verborgen hat, obwohl er immer gespürt hat, dass sie etwas zurückhält. Sie hat ihn sogar einmal aufgefordert, ihr Fragen zu stellen. Er wusste nur nicht welche. Jetzt deckt er Lügen und Geheimnisse auf. Er erkennt, wie subjektiv wir unsere eigene Geschichte betrachten und erinnern und wie wir sie erzählen und beim Erzählen revidieren. Und noch etwas wird ihm und dem Leser deutlich: Niemand ist so ganz das, was er zu sein scheint. Ein sprachlich eleganter, überaus empfehlenswerter Romanerstling.