Rezension

Man muss sich auf diesen Roman einlassen - dann ist er etwas ganz besonderes!

Manchmal rot - Eva Baronsky

Manchmal rot
von Eva Baronsky

Die Hauptprotagonisten dieses bewegenden Romans könnten unterschiedlicher kaum sein: Christian, schon in besser gestellte Kreise hineingeboren, stellt den Inbegriff des erfolgs- und geldverwöhnten Sohnes dar. Dass er tatsächlich zu Gefühlen fähig ist, merkt man nur daran, dass er seiner Freundin Charlotte tatsächlich nachtrauert - sie hat ihn für einen Kulturprofessor verlassen. Ansonsten hat Christian mit Gefühlen nicht viel zu tun und mit dem Leben der meisten Normalbürger auch nicht.

Angelina, unsere weibliche Hauptperson, ist hingegen ein sehr gefühlvoller Mensch und stockt ihr Hartz IV mit putzen auf. Darüber hinaus ist sie mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche geschlagen, verbringt sehr viel Zeit mit Stricken, besucht regelmäßig ihre Mutter, lässt sich von ihrer Freundin Mandy herumkommandieren und von dem spielsüchtigen Pit ausnutzen....dann passiert der Unfall.

Man kommt sehr gut in die Handlung hinein und die wechselnden Perspektiven von Angelina und Christian sorgen für unterhaltsame Abwechslung und dafür, dass man sehr schnell feststellt, wie unterschiedlich die Charaktere und Welten der beiden sind.

Der Schreibstil ist unterhaltsam und gleichzeitig einfühlsam. Tatsächlich mitgerissen hat mich Eva Baronsky dann ab dem Moment, in dem Angelina (die mir vor ihrem Unfall tatsächlich ein bißchen auf die Nerven fiel) im Krankenhaus erwacht und sich weder an ihren Namen, noch an ihr Leben erinnern kann. Extrem faszinierend zeigt die Autorin, welch tiefgreifende Persönlichkeitsunterschiede dieser Unfall hervorgerufen hat! Und auch die Entwicklung, die Angel nun in ihrem neuen bzw. für ihre Wahrnehmung ersten Leben nimmt, ist der Autorin wirklich hervorragend bildhaft und mitfühlend gelungen. Sehr einnehmend war für mich auch die Eigenheit Angels, Geräusche und Empfindungen in Farben und Formen zu sehen.

Allerdings bin ich kein Freund offener Fragen und offener Enden, entsprechend war das Ende nicht meins und bezüglich Christians Bruder sind mir auch zu viele Fragen unbeantwortet geblieben - das sind aber auch schon meine einzigen Kritikpunkte.

"Manchmal rot" ist ein Roman, den man nicht nebenher lesen kann und sollte, auf den man sich einlassen und den man mitempfinden muss - dann allerdings stellt er etwas ganz besonderes dar.