Rezension

Mehr als nur ein atemloser Thriller!

Heimweh - Marc Raabe

Heimweh
von Marc Raabe

„Jesse Berg ist ein erfolgreicher Kinderarzt. Frisch geschieden, kümmert er sich liebevoll um seine kleine Tochter Isa. Über die Vergangenheit spricht er nicht. Bis plötzlich seine Exfrau ermordet und seine Tochter entführt wird. Der Täter hinterlässt Jesse eine Nachricht: Sie gehört dir nicht. Du musst sie vergessen. Um Isa zu finden, kehrt Jesse zurück ins Kinderheim Adlershof, hinter dessen Mauern ein düsteres Geheimnis begraben ist.“ – Klappentext

Mehr sei inhaltlich über dieses Buch auch gar nicht verraten, denn das „düstere Geheimnis“ hinter den Mauern von Adlershof ist umso erschreckender, je unwissender man in die eiskalten Tiefen von Jesses Vergangenheit geworfen wird. Marc Raabe führt uns in diesem Thriller in ein Labyrinth, das so komplex und so verworren ist, dass man als Leser niemandem mehr trauen kann, stets falsche Verdächtigungen aufstellt und am Ende völlig erschlagen wird von der Auflösung. Ich kam nicht umhin, die letzten 100 Seiten binnen einer Nacht durchzulesen und so nahm ich es auch liebend gern in Kauf, am nächsten Tag völlig übermüdet zu sein.

In Sachen Spannung verdient „Heimweh“ also definitiv die volle Punktzahl. Doch so ist dieses Buch mehr als einfach „nur“ ein blutrünstiger Thriller für schlaflose Nächte, sondern gehört auch zu der Gruppe solcher seltenen Romane, die eine Geschichte tief unter der Oberfläche erzählen und die den Leser zum Nachdenken über das Leben und das Schicksal anregen. Diese Kombination macht das Buch in meinen Augen zu etwas ganz Besonderen, da man nach dem Lesen noch lange gefangen ist in Jesses Schicksal und seinen Erlebnissen und sich diesem Was-wäre-wenn-Gedankenspiel hingibt.

Besonders gelungen finde ich, dass die Perspektive der Geschichte ständig wechselt und man so nicht nur den Jesse der Gegenwart kennenlernt, der verzweifelt nach seiner Tochter Isa sucht, sondern auch in dessen Kindheit im Heim Adlershof eintauchen kann. Die beiden Perspektiven ergänzen sich perfekt, da man so auch Jesses ehemalige Freunde im Heim besser kennenlernt und sie besser einschätzen kann, wenn er nun in der Gegenwart auf sie trifft.

Die Charaktere sind insgesamt sehr lebendig und komplex ausgestaltet, denn sie sind in keiner Weise stereotyp, vorhersehbar oder gar durchschaubar. Sie alle liefern zu irgendeinem Zeitpunkt eine Aktion, wegen derer man sie verdächtigen könnte und umso erschütterter ist man am Ende von der genialen Auflösung des großen Rätsels.

Alles in allem bin ich wirklich durch und durch begeistert von Marc Raabes neuem Thriller, auch wenn ich seine vorherigen Werke noch nicht kenne und daher keine Vergleiche ziehen kann. Dennoch steht für mich fest, dass ich nun mehr von diesem Autor lesen will und „Heimweh“ an alle meine Thriller-Freunde weiterreichen werde.