Rezension

Nettelbecks fünfter Fall - spannend

Hyänengesang - Rainer Wittkamp

Hyänengesang
von Rainer Wittkamp

Bewertet mit 5 Sternen

„...Mit ihrem diplomatischen Status haben Sie sowieso nichts zu befürchten. Und denken sie daran: Ungläubige sind in der Regel sehr, sehr dumm..."

 

Violetta arbeitet bei einem Escort-Service. Im Hotel trifft sie sich mit dem Diplomaten Saif Mohamed Zekri. Am nächsten Tag wird die junge Frau tot im Bad gefunden.

Der 55jährige Schlagersänger Roland Weiden hat seine beste Zeit schon hinter sich. Er träumt von einem neuen durchschlagenden Song. Doch weil er dem Finanzamt seinen Porsche verschwiegen hat, platzt seine Restschuldversicherung. Er schwört dem Verräter Rache und hat auch schon eine Person im Visier.

Maximilian Hollweg war Finanzberater. Nach einem Unfall mit Fahrerflucht sitzt er im Rollstuhl. Obwohl er auf seinen Assistenten Jens angewiesen ist, behandelt er ihn wie den letzten Dreck.

Kommissar Martin Nettelbeck hat den Ghanaurlaub mit seiner Familie exakt geplant. Doch der Tod von Violetta bringt seine Pläne durcheinander. Er muss Frau und Kinder allein reisen lassen, da ihm seine Chefin am ehesten Erfolge auf diplomatischen Parkett zutraut. Das hängt mit einem früheren Fall zusammen.

Der Autor hat einen fesselnden und hintergründigen Kriminalroman geschrieben. Er versteht es geschickt, die verschiedenen Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen. Gleichzeitig wendet er sich einem brisanten politischen Thema zu.

Nettelbeck setzt alles daran, den Fall schnell zu lösen, um der Familie nachreisen zu können. Doch Verbrechen im Diplomatenbereich haben ihre eigenen Gesetze. Während Nettelbeck und Täubner den Tod der jungen Frau aufzuklären versuchen und schnell an Grenzen stoßen, schmiedet Weiden einen finsteren Racheplan gegen denjenigen, dem er die Schuld für seine Finanzmisere gibt..

Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Der Autor beherrscht das Spiel mit Worten. Gekonnte Wortschöpfungen wie „akustische Umweltverschmutzung“ oder „grenzdebiler Schlagerwahnsinn“ zeugen davon. Weidens neue Lieder lösen bei mir als Leser nur Kopfschütteln aus.

Einen großen Raum nehmen die Verhältnisse in der Botschaft des Oman ein. Der Autor ermöglicht einen Blick in Diplomatenkreise mit ihren eigenen Gesetzen. Der Diplomatenstatus und die damit verbundenen Immunität lassen nicht nur Zekri die dunklen Seiten seines Charakters ausleben. Wie man das Gastland sieht, beweist das obige Zitat.

Nettelbeck ist begeisterter Jazzliebhaber. Sein Hobby durchzieht immer wieder die Handlung und sorgt für Ruhepunkte im hektischen Alltag.

Detailgenau darf ich einerseits die Ermittlungsarbeit der Kriminalisten verfolgen, andererseits die Verwirklichung von Weidens Racheplänen. Dabei lerne ich auch einige mir bisher unbekannte Berliner Örtlichkeiten kennen wie den asiatischen Großmarkt und den Teufelsberg mit seiner Geschichte.

Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören immer wieder die Dialoge, sei es zwischen Netttelbeck und seiner Chefin, die eine Art Hassliebe verbindet, oder zwischen den Kriminalisten und Zetki, wo manches nur unterschwellig mitschwingt.

Das Cover wirkt interessant.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Nettelbecks manchmal sarkastische Ader hat mich sehr gut unterhalten. Die Schattenseiten der diplomatischen Immunität wurden deutlich herausgearbeitet.