Rezension

Poetische Geschichte im winterlichen Kanada

Unter dem Polarlicht - Elisabeth Büchle

Unter dem Polarlicht
von Elisabeth Büchle

Bewertet mit 5 Sternen

„...Die Wolkendecke war dicht und schickte unzählige weiße Schmetterlinge im taumelnden Tanz der Erde entgegen...“

 

Kurz vor Weihnachten und einen Tag vor Ende ihrer Probezeit wird Chiara von der Bank entlassen. Patrick, der Ehemann ihrer verstorbenen Freundin Mia, versorgt ihr für den Übergang einen Job. Ein Schriftsteller hat sich beide Hände gebrochen und Chiara soll sein Manuskript abtippen, weil der Fertigstellungstermin drängt. Chiara sagt zu. Doch statt in der Schweiz landet sie in einer einsamen Hütte in Kanada.

Die Autorin hat einen wunderschönen Weihnachtsroman geschrieben. Das Buch lässt sich flott lesen und hat mich schnell begeistert. Das liegt zum einen an der abwechslungsreichen und tiefgründigen Handlung, zum anderen an den teilweise sehr romantischen Schriftstil.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Chiara ist eine junge Frau, die im Leben wegen ihrer etwas molligen Figur schlechte Erfahrungen gemacht hat, was zu mangelnder Selbstachtung führt.. Dabei verfügt sie über Durchsetzungsvermögen und viel Empathie. Letzteres zeigt sich gleich zu Beginn beim Umgang mit Leo, Mias 4jährigen Sohn.

Florian, der Schriftsteller, ist ein einsamer, wortkarger Mann, jedenfalls seit 4 Jahren. Keiner weiß, welche Erlebnisse sein Leben so grundlegend verändert haben.

Eine besondere Stellung im Roman hat Rose. Sie hat einen Laden in Banff, dem nächstgelegenen Ort zu Chiaras neuem Quartier, Rose versteht es, die freudigen Seiten des Lebens zu sehen. Sie hat für jeden das rechte Wort und scheut sich auch nicht. Florian ein paar ernste Sätze zu sagen.

Und dann gibt es eine Protagonisten, den man am liebsten Knuddeln möchte. Das ist der Neufundländer Shakespeare.

Im Mittelpunkt des Buches stehen die Entwicklung von Chiara und Florian. Beide schleppen keine einfache Päckchen aus der Vergangenheit mit sich. Chiara gelingt es, einen Zugang zu Florian zu bekommen. Trotzdem gehen beide lange Zeit behutsam und vorsichtig miteinander um. Anders reagiert Chiara auf Shakespeare. Frauchen bringt ihm schnell Manieren bei.

Das Buch thematisiert Vergeben und Verzeihen, nicht nur gegenüber dem anderen und auch gegenüber sich selbst.

Das Besondere des Buches ist sein ausgefeilter Schriftstil. Wunderschöne Metapher findet die Autorin führt die winterliche Landschaft in Kanada. Obiges Zitat ist nur ein Beispiel dafür. Dabei werden allerdings auch nicht die Gefahren verschwiegen. Jeder Unfall kann der letzte sein. Auch die Emotionen der Protagonisten werden durch Worte und vor allem Taten ausgezeichnet wiedergegeben. Während die Dialoge von Florian und Chiara sich durch einen feinen Humor auszeichnen, gehen die Gespräche von Rose mit Chiara in die Tiefe. Geschickt werden dabei Fragen des Glaubens und sein Einfluss auf das persönliche Leben angesprochen.

Im Text werden die Kapitel durch kleine Zuckerhirtenstäbchen unterbrochen. Die Geschichte dieser Zuckerhirtenstäbe wird ebenfalls im Buch erzählt.

Das Cover mit den Polarlichtern ist beeindruckend.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Geschichte wird durch ihre poetische Sprache lebendig und stimmt schön auf Weihnachten ein.