Rezension

Sehr beeindruckende Literatur ...

Alles Licht, das wir nicht sehen
von Anthony Doerr

Bewertet mit 5 Sternen

Es handelt sich um keine leichte Lektüre. Der Roman sollte nicht nebenbei gelesen werden, da es ihm nicht im geringsten gerecht würde. Ich fühlte mich oft berührt und in die Schrecken des Krieges und dessen Einzelschicksale hineinversetzt. Hierzu trägt auch der Erzählstil bei, der jede Einzelheit in der Gegenwart schildert.

Der Autor vermittelt die einzelnen Charaktere der Protagonisten hervorragend. Die Jungen, die sich für die Wehrmacht begeistern und die anderen, die sich nicht einfügen wollen oder können, es aber trotzdem nicht schaffen sich offen aufzulehnen. Die blinde Marie-Laure, deren Gefühle und Eindrücke meist durch Farben beschrieben werden. Werner, der zwischen seiner technischen Begabung, seinem wissenschaftlichen Interesse und der wachsenden Abscheu dem Regime gegenüber schwankt. Die Randfiguren, die sich mehr oder weniger in die damalige Zeit und deren Gegebenheiten einfügen oder es zumindest versuchen. Einzelschicksale, die zwischen den Polen der Macht zerrieben werden ...

Ich musste das Lesen des Öfteren unterbrechen, um meine Gedanken zu ordnen und mich aus den negativen Eindrücken zu befreien. Trotzdem verspürte ich nach kurzer Unterbrechung den Drang weiterzulesen, um zu erfahren, wie es Marie-Laure, Werner und den anderen Personen ergeht. Der Autor schafft es, eine Verbindung zwischen den Porotagonisten und dem Leser aufzubauen. Die Zuneigung wächst mit jeder gelesenen Seite.

Wenn man sich darauf einlässt, nimmt der Roman den Leser mit in eine sehr "schwierige" Zeit. Der Autor beschreibt die Protagonisten vielschichtig und farbenreich und ihre Eindrücke sind zu jeder Zeit zumindest erahnbar. Nachvollziehbar möchte ich nicht schreiben, da viele Leser die Grauen des Krieges und die Verzweiflung der Menschen zu dieser Zeit nicht miterlebt und somit vermutlich auch nicht wirklich nachvollziehen können.

Die plastischen Erzählungen fügen sich im Kopf des Lesers zu einem unglaublich detailreichen Bild zusammen. Wer kann sich nicht die kleine Marie-Laure vorstellen, wie sie das Modell ihres Vaters mit den Händen erkundet und den Weg durch die Straßen der französischen Hauptstadt und später auch Saint-Malos findet?

Die Geschichte ist durchzogen von Bildern und Allegorien unterschiedlichster Art. Viele der Kapitel hinterlassen bedrückende Gefühle. Es handelt es sich um interessante, bewegende Literatur, die des Pulitzerpreises 2015 würdig ist. Das Ende des Romans ist anbsolut passend und fügt sich harmonisch in die gesamte Erzählung ein.

Mit einem Zitat von Seite 492 möchte ich schließen:
"Es ist so beschämend klar, wie unangemessen Sprache ist."
Dieser Roman beinhaltet so viel mehr als nur Worte ... Chapeau!

Kommentare

UJac kommentierte am 22. Oktober 2015 um 12:39

Sehr schöne Rezi, hört sich klasse an und steht auch schon auf meiner Wunschliste..!

ArnoGrohs kommentierte am 22. Oktober 2015 um 13:18

Danke! :)

Das Buch lohnt sich wirklich - wenn man sich dessen bewußt ist, auf was man sich einläßt. Aus diesem Grund habe ich die Rezension so geschrieben und auf die Besonderheiten hingewiesen. Es wäre sehr schade, wenn sich ein Leser etwas anderes vorstellt und dann enttäuscht ist. Mach dich auf bewegende Stunden gefasst.

Liebe Grüße Arno

Naibenak kommentierte am 22. Oktober 2015 um 14:00

Danke für die schöne Rezi!!! ...ich hoffe ja immernoch, dass ich mal beim WLD-Monatsgewinnspiel gewinne und mir das Buch dann endlich zulegen kann :D ;-) Ist mir momentan noch etwas zu teuer, aber ich will es unbedingt auch lesen :)

ArnoGrohs kommentierte am 22. Oktober 2015 um 14:29

Vielen Dank auch für deinen Kommentar! :)

Ich drücke dir die Daumen für das Monatsgewinnspiel und wünsche solange viel Freude beim Lesen von "Juliane"! ;)

Liebe Grüße

Arno

Naibenak kommentierte am 22. Oktober 2015 um 14:50

*grins*... vielen Dank, ich bin gespannt! Lieben Gruß zurück, Bianca