Rezension

Skandinavischer Pageturner

Die Frauen, die er kannte - Michael Hjorth, Hans Rosenfeldt

Die Frauen, die er kannte
von Michael Hjorth Hans Rosenfeldt

Bewertet mit 4 Sternen

Als die Leiche einer Frau in Stockholm entdeckt wird, ist den an den Tatort gerufenen Beamten schnell klar, dass dies ein Fall für die Reichsmordkommission ist. Denn mittlerweile handelt es sich um die dritte Tote, die mit einem blauen Nachthemd bekleidet, brutal vergewaltigt und mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden wird. Nach diesem Schema geht der berüchtigte Serienmörder Edward Hinde vor. Doch der hat ein wasserdichtes Alibi, denn er sitzt seit Jahren im Hochsicherheitstrakt und hat keinen Kontakt zur Außenwelt. Ein wahnsinniger Nachahmungstäter scheint ihn sich zum Vorbild genommen zu haben. Da die Abstände zwischen den Morden immer kürzer werden, bleibt Torkel Höglund, dem Leiter der Reichsmordkommission, keine andere Wahl. Er muss sein Team befragen, ob der Mann, mit dem sie alle am liebsten nie wieder zusammenarbeiten würden, für diese Ermittlungen erneut ins Boot geholt werden soll. Denn beim letzten Mal hat sich die Zusammenarbeit mit dem arroganten und selbstgefälligen Kriminalpsychologen Sebastian Bergman äußerst schwierig gestaltet. Zähneknirschend willigt das Team ein, denn Sebastian ist der Mann, der Hinde vor Jahren hinter Gittern brachte. Seine Erfahrung könnte den Ermittlern den entscheidenen Hinweis liefern. Doch schon bald wird klar, dass der Nachahmungstäter einen ganz besonderen Bezug zu Sebastian zu haben scheint....

"Die Frauen, die er kannte" ist nach "Der Mann, der kein Mörder war" der zweite Fall, in dem der Kriminalpsychologe Sebastian Bergman das Team der Reichsmordkommission unterstützt. Man kann der Kriminalhandlung des zweiten Bandes problemlos folgen, ohne den ersten zu kennen, da die Haupthandlungen in sich abgeschlossen sind. Um die beruflichen und privaten Nebenhandlungen besser zu verstehen, und die Weiterentwicklung der unterschiedlichen Charaktere zu verfolgen, empfiehlt sich allerdings die Einhaltung der Reihenfolge. Da es am Ende des ersten Teils eine verblüffende Wendung in Sebastians Leben gibt, die dann im Folgeband eine große Rolle spielt, könnte man sich sonst die Überraschung verderben.

Sebastian Bergman ist noch immer ein arroganter Einzelgänger, der kein Blatt vor den Mund nimmt, gerne das letzte Wort behält und eine Affäre nach der anderen hat. Dennoch wirkt er in diesem Band etwas zurückhaltender und sympathischer. Er polarisiert zwar nach wie vor, doch es fällt deutlich leichter seine Handlungen nachzuvollziehen. Auch die anderen Charaktere wirken lebendig und haben, neben den aktuellen Ermittlungen, mit großen und kleinen Problemen zu kämpfen. Ihr Verhältnis untereinander ist nicht immer ganz einfach und stellenweise von deutlichen Spannungen geprägt. Die Vielschichtigkeit der Akteure und die interessanten Nebenhandlungen sorgen dafür, dass es, trotz der relativ hohen Seitenzahl des Thrillers, keine langatmigen Passagen oder Spannungseinbrüche gibt.

Das Autorenduo legt ein rasantes Tempo vor. Die Haupthandlung ist durchgehend spannend und so manches Mal hat man beim Lesen ein mulmiges Gefühl und möchte die Protagonisten am liebsten auf die möglichen Gefahren, die man sich bereits in den dunkelsten Farben ausmalt, hinweisen. Man fiebert regelrecht mit den Akteuren mit und kann das Buch deshalb kaum aus der Hand legen. Unterstützt wird dieser Effekt dadurch, dass die Erzählung in recht kurze Kapitel unterteilt ist, die zum Weiterlesen verführen. Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm lesbar. Es gelingt den Autoren mühelos, Haupt- und Nebenhandlungen zum Leben zu erwecken. Die düstere und zuweilen recht schwermütige Atmosphäre, die man in skandinavischen Romanen oft wahrnimmt, braucht man hier nicht zu befürchten. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht, sodass man gebannt das große Finale verfolgt. Es wirkt stellenweise zwar etwas vorhersehbar, doch insgesamt gesehen ergibt es einen stimmigen Abschluss. Im Privatleben von Sebastian Bergman dürfte trotzdem keine Ruhe einkehren, denn ein Cliffhanger verspricht interessante Verwicklungen.