Rezension

Solider Thriller mit coolem Thema

Der Mädchensammler (Nur bei uns!) -

Der Mädchensammler (Nur bei uns!)
von Guido Krain

Bewertet mit 3 Sternen

Unter Nekrophilie, nicht zu verwechseln mit der Nekrophobie (der pathologischen Angst vor Toten oder toten Dingen), versteht man den auf Leichen ausgerichteten Sexualtrieb. Nekrophile Handlungen an menschlichen Leichen werden (gemäß § 168 StGB) als Störung der Totenruhe (Leichenschändung) bestraft. Warum ich das vorab erwähne? Um zu verdeutlichen, dass das kein Ponyhof-Thema ist, sondern eines, das äußerste Sensibilität und viel Feingefühl erwartet, wenn man darüber spricht bzw. schreibt. Und wie es beinahe typisch ist für die Faszination des Bösen, geht dieses schwierige Thema einher mit dem Interesse an der menschlichen Psyche. Wie wird man eigentlich nekrophil? Kann man dieses Verlangen nach menschlichen Leichen einfach so ablegen? Und wie erkennt man jemanden, der dazugehört?

All diese Fragen schossen mir bereits beim Lesen der Beschreibung durch den Kopf. Also ehe ich mit dem Buch überhaupt anfing. Entsprechend hoch war meine Erwartungshaltung an die Story, but...

Sagen wir so: Das Potenzial war reichlich vorhanden. Allein dass unsere Protagonistin eine Geisterjägerin ist und auf einer Burg lebt, war mal etwas anderes. Was Philine jedoch miterlebt, war ziemlich hanebüchen. Irgendwie wird sie häufig überfallen und liegt dann irgendwo herum. Die Pechmarie 2022, könnte man meinen. Keine Ahnung, was der Autor damit vermitteln wollte.

Außerdem waren einige Szenen für mich völlig unlogisch. Zum Beispiel telefoniert Philine in der einen Sekunde mit jemandem, in der nächsten sitzt sie mit dieser Person im Auto. Frauen sind ja generell in vielen Dingen schneller, aber wow, das grenzt an Schallgeschwindigkeit.

Der Fall an sich war spannend. Ein Nekrophilen-Ring, für den Jungfrauen getötet und als Puppen aufbewahrt werden. Hier und da hätte man mehr in die Tiefe gehen und vielleicht auf die Gedanken der Täter eingehen könnten. Insbesondere solche Plots leben vom Abtauchen in die Abgründe der menschlichen Seele.

Leider ging auch das Setting unter. Ich hatte mir Beschreibungen der Örtlichkeiten gewünscht, vor allem weil ich mich privat für Burgen interessiere. Oder allgemein mehr vom Drumherum, der Kulisse. Aber das blieb auf der Strecke.

Nach einem größeren Kuddelmuddel wurde mir dann ein/e Täter/in serviert, mit der/dem ich gerechnet hatte. Das ist jetzt nicht weiter wild, weil es für mich mehr um die Umsetzung geht. Die ist dem Autor im Abspann gut gelungen.

Ich kann das Buch nicht so recht einschätzen, ehrlich gesagt. Es lässt mich trotz aller Kritikpunkte doch neugierig genug zurück, um einen weiteren Teil lesen zu wollen. Aber so richtig empfehlen kann ich diesen Thriller auch nicht. Vielleicht schaut ihr einfach selbst mal rein.