Rezension

Spannende und tiefsinnige Handlung mit interessanten Charakteren

Zweisiedler
von Patricia Holland Moritz

Bewertet mit 5 Sternen

 

Handlung

Zweisiedler ist der erste Roman der Autorin Patricia Holland Moritz. Die Handlung spielt in einem kleinen Dorf südlich von Paris. Außerhalb der Dorfgrenzen lebt die junge Frau Edna ein beschauliches und zurückgezogenes Leben. Ihre Zeit verbringt sie mit mehreren Haustieren, dem Malen, zu viel Wein, sowie mit Besuchen bei Gilles, dem örtlichen Barbesitzer und ihrem einzigen Freund.

Doch Ednas Leben gerät in Aufregung, als ihr alte Haus, das ihr Lebensmittelpunkt ist, einem Freizeitpark weichen soll. Etwa zeitgleich taucht ein Junge bei ihr auf, der behauptet, ihr Sohn zu sein. Als Edna sich schließlich noch in einen der Architekten des Freizeitparks verliebt und dieser nach einer Nacht mit ihr plötzlich spurlos verschwindet, ist Leben der jungen Französin endgültig außer Kontrolle geraten. Über Nacht ist sie zur Verdächtigen eines vermeintlichen Mordes geworden. Nun rächt es sich auch, dass Edna sich in all den Jahren nie um die Gerüchte, die es im Dorf über sie gibt, gekümmert hat, neben Gilles keine Freunde besitzt und durch ihr abgeschottetes Leben weltfremd geworden ist.

 

Meinung

Zweisiedler ist zu Beginn ein sehr ruhiges Buch. Über viele Seiten hinweg lernen wir Edna und ihr Dorf kennen. Die Beschreibungen sind ausführlich und mit vielen kleinen Details versehen. Sie zeichnen das Bild eines idyllischen Landlebens. Mich konnte das Buch nicht sofort fesseln, für meinen Geschmack hätte es auch im ersten Teil schon mehr Handlung geben können. Gleichzeitig habe ich es jedoch genossen, immer mehr über Edna zu erfahren. Die junge Frau ist tatsächlich ein einzigartiger Charakter - weltfremd, aber nicht auf den Mund gefallen, naiv und gleichzeitig klug. Sie wirkt glücklich mit ihrem Leben, trinkt aber gleichzeitig zu viel und ignoriert Probleme. Ihr Herz ist groß, der Umgang mit anderen Menschen fällt ihr aber dennoch nicht leicht. Durch all dies wirkt sie eigentümlich, aber gleichzeitig auch erfrischend unkonventionell und sympathisch.

Als Ednas zurückgezogenes Leben durch die aufkommenden Probleme und Neuerungen bedroht wird, baut die Geschichte zusehends Spannung auf. Spätestens mit dem Verschwinden des Architekten war dann auch der Punkt erreicht, an dem ich das Buch kaum noch aus den Händen legen konnte. All die mysteriösen Ereignisse haben mich einer Auflösung entgegenfiebern lassen, angesichts der Angriffe auf ihre beschauliche Existenz, habe ich mit Edna um ihre Zukunft gebangt.

Der finale Teil des Buches ist, meiner Ansicht nach, der stärkste. Zum einen werden einzelne Handlungsfäden zusammengeführt und es wird klar, dass Zweisiedler eine perfekt komponierte Geschichte ist. Was zu Beginn des Buches wie ein seltsamer Zufall gewirkt hat, ergibt plötzlich Sinn und das Verhalten einiger Charaktere erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Gleichzeitig regt insbesondere der letzte Teil des Buches über die Handlung hinaus dazu an, über Freundschaft, Lebensentwürfe und die Frage, was real und wahr ist, nachzudenken.

Vor allem aufgrund dieses starken Finales ist Zweisiedler ein Roman, den ich gerne weiterempfehle. Er erzählt nicht nur eine unkonventionelle Kriminalgeschichte, sondern glänzt auch durch die interessante Protagonistin und den tiefsinnigen Schluss. Zweisiedler gehört zu jenen Romanen, die neben der Haupthandlung zahlreiche Details enthalten, die jedes für dich Aufmerksamkeit verdienen. Und ich vermute, dass die Geschichte von unterschiedlichen Lesern und Leserinnen auch jeweils ein wenig anders wahrgenommen und interpretiert wird. Denn Patricia Holland Moritz hat keine plakative Erzählung geschrieben, sondern eine Geschichte, die erst durch die vielen Einzelheiten und die einmaligen Charaktere zu dem wird, was sie ist. Auch wenn mir der Einstieg in das Buch aufgrund der zunächst unspektakulären Handlung und einigen relativ langen Sätzen zunächst nicht leicht fiel, vergebe ich daher eindeutige 5 Sterne und eine klare Empfehlung.