Rezension

Starke Protagonistinnen, Nebencharakteren fehlt etwas Tiefe

Iron Flowers - Die Rebellinnen - Tracy Banghart

Iron Flowers - Die Rebellinnen
von Tracy Banghart

Bewertet mit 4 Sternen

„Iron Flowers – Die Rebellinnen“ ist der erste Teil der dystopischen Iron Flowers – Reihe von Tracy Banghart. Es geht um die beiden ungleichen Schwestern Nomi und Serina, die in dem Königreich Viridia leben. Dort haben Frauen keinerlei Rechte. Beginnend mit dem Verbot lesen zu lernen bis zu dem absoluten Gehorsam gegenüber Männern, werden sie vollständig unterdrückt.

Der Regent des Landes - und jetzt nach ihm erstmals sein ältester Sohn und Thronfolger – wählt alle drei Jahre drei Frauen aus, um mit ihm im Palast zu leben, die sogenannten Graces. Serina reist als Anwärterin auf diese Position begleitet von Nomi in die Hauptstadt. Doch es kommt ganz anders und die Schwestern werden grausam getrennt. Es beginnt ein Kampf füreinander, für das eigene Leben und um die Rechte aller Frauen im Königreich.

 

Die Kapitel werden immer abwechselnd aus der Sicht von Nomi und Serina im personalen Erzählstil geschildert. Zu Beginn ist dies für den Leser sehr interessant, um die ganz verschiedenen Charaktere der beiden Schwester zu erkennen. Später ist es aber elementar wichtig, da nach der Trennung der beiden zwei vollkommen unterschiedliche Geschichten erzählt werden.

 

Beide Protagonistinnen machen im Laufe des Romans eine beeindruckende Entwicklung durch. Sie wachsen über sich hinaus, ohne dass es übertrieben wirkt. Besonders charmant daran ist, dass sie Eigenschaften entwickeln müssen, die nur die jeweils andere besitzt und die sie an dieser vorher zuweilen verteufelt haben. Diese Entwicklung mitzuerleben ist für den Leser sehr interessant. Ihre Sorgen und Probleme, sowie ihre Motive werden eingehend beleuchtet, sodass man sich mit beiden verbunden fühlt.

 

Dies trifft auf die Nebencharaktere leider nicht zu. Serina und Nomi beginnen jeweils ein völlig anderes Leben und treffen viele neue Menschen. Obwohl sie davon sprechen zu dieser oder jener Person eine Freundschaft aufzubauen, bleibt dies sehr plastisch. Der Leser fühlt diese Freundschaften nicht und kann somit auch seinerseits keine Verbindung zu diesen Personen aufnehmen. Die Konsequenz ist, dass man sie durch ihre Namen oder optische Auffälligkeiten unterscheidet, aber nicht durch die Gefühle, die man beim Lesen ihrer Namen empfindet. Hier ist leider sehr viel Potenzial liegengeblieben und ich hoffe, dass Tracy Banghart das im zweiten Teil wieder etwas wettmacht.

 

Die Geschichten der Mädchen sind jede auf ihre unterschiedliche Art sehr spannend. In der Mitte gab es eine kleine Länge, während der ich weder bei Serina noch bei Nomi weiterlesen wollte, aber im letzten Drittel wollte ich bei jedem neuen Kapitel lieber mehr von der anderen Schwester lesen. Das ist ein Gefühl, dass ein Buch mit wechselnden Perspektiven bei mir zwingend auslösen muss, um spannend und gut geschrieben zu sein. Da dies hier zum größten Teil der Fall war, sehe ich kaum Verbesserungsbedarf bei der Handlung.

 

Etwas schade ist, dass mir relativ früh klar, auf welche Wendung oder Plott Twist die Autorin hinarbeitet. Die von ihr angestrebte Überraschung blieb bei mir daher leider aus. Gelingt so eine Kehrtwende, ist das für mich immer ein ganz großer Pluspunkt für ein Buch. Wenn es umgekehrt aber nicht funktioniert, schlägt es nicht so negativ zu Buche, denn es ändert nichts daran, dass es für den Protagonist unerwartet ist und ihm den Boden unter den Füßen wegzureißen vermag. Daher ziehe ich für die Vorhersehbarkeit der Handlung nicht allzu viele Punkte ab.

 

Nach Lektüre des Klappentextes und der ersten paar Seiten habe ich zugegebenermaßen die Augen verdreht, musste ich - wie viele andere wohl auch – an die „Selection“ – Reihe von Kiera Cass denken. Ich war allerdings überrascht, wie schnell sich dieses Gefühl aufgelöst hat, denn die hier dargestellte Welt ist, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Palastes, sehr viel härter und düsterer. Daher möchte ich allen Interessierten, die Angst um diese Ähnlichkeit haben, sagen: Es ist nicht so. Angenehmerweise stehen auch Liebesbeziehungen eher im Hintergrund, sodass der Fokus hier – im Gegensatz zu Selection – von Anfang an vermehrt auf den Zuständen der Gesellschaft liegt.

 

Insgesamt liegt hier eine spannende Geschichte in einem tollen, dystopischen Setting vor. Für die etwas farblosen Nebencharaktere und Freundschaften muss ich aber einen ganzen Punkt abziehen, sodass ich zu 4 von 5 Sternen komme.

Ich freue mich schon sehr auf Teil zwei, denn es ist noch ganz viel inhaltlich zu klären und vielleicht versucht Tracy Banghart es ja noch mal mit einem Plott Twist und kann mich diesmal überraschen.