Rezension

überaus spannend erzählt, macht Lust auf mehr

Oxen - Das erste Opfer - Jens Henrik Jensen

Oxen - Das erste Opfer
von Jens Henrik Jensen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Thriller, der in der obersten Klasse mitspielt, dessen Verfilmung ich mir sehr gut vorstellen kann, ist „Oxen“ von Jens Henrik Jensen. Er hat absolut alles, was ein spannender Krimi braucht: verletzte Seelen, eine coole Ermittlerin, Geheimdienst, Verschwörungen, jede Menge Opfer, Rache, Verwirrspiele, verletzte Eitelkeiten und mehr. Je weiter man liest, um so mehr Mitspieler gibt es, manches löst sich auf, einiges bleibt. Das ist natürlich Absicht vom Autor, schließlich ist es eine Trilogie, und es macht neugierig, man will schon wissen, wie es weitergeht.
Der Titel allerdings ist meines Erachtens ungeschickt gewählt, genauso wie der Klappentext, weil beides nicht im Geringsten wirklich das widerspiegelt, was der Inhalt hergibt. Es ist nur ein Punkt im Seelenleben unseres Hauptdarstellers, Niels Oxen, den alle nur Oxen nennen. Er ist ein Held, der viele Auszeichnungen als Soldat bekommen hat, weil er unter schwierigen Umständen immer wieder seine Kameraden gerettet hat. Unter anderem eine Auszeichnung, die erstmals und bis heute auch nie wieder vergeben wurde. Seine Traumatisierungen aber lassen ihn misstrauisch gegenüber dem Rest der Menschheit im Untergrund leben. Unter dem Radar sämtlicher Ämter sammelt er lieber aus Containern das, was Andere als Abfall ansehen und teilt das Wenige mit seinem Hund. Er geht in letzter Konsequenz in einen großen Wald, um von der Jagd zu leben und versucht so, zu sich selbst zu finden.
Zur selben Zeit sterben unter merkwürdigen Umständen einflussreiche Männer, ein Mord kann nach ersten Ergebnissen nicht wirklich nachgewiesen werden. Es sind alles dänische Größen, die bei sogenannten Think Tanks eine erhebliche Rolle spielen. Daher wird der Geheimdienst eingeschaltet, um die Umstände zu klären. Einer der Verbindungen zu den Morden ist, dass jeweils die Hunde der Besitzer vorab umkommen. Die Vorgehensweise ist erschreckend. Beim ersten Opfer, das sich auf seinem Anwesen in Spanien befindet, wird dessen Hund erhängt. Wie sich herausstellt, ist es die Weise, bei der sich spanische Jäger alter oder nicht ertragreicher Hunde entledigen.
Oxen kommt nun per Zufall in den Dunstkreis der Ermittlungen, da er sich dem Grundstück eines der Opfer im Wald genähert hat. Der Geheimdienst will ihn bei den Ermittlungen als Undercoveragent einsetzen. Er zögert, bis auch er seinen Hund erhängt auffindet. Von nun an arbeitet er mit der Geheimdienstmitarbeiterin Margrethe Franck zusammen. Auch sie ist eine Versehrte, verlor ein Teil eines ihrer Beine bei einem Einsatz. Es dauert, bis Oxen ihr einigermaßen vertraut. Deren Vorgesetzte, ihre Kollegen, die Mitarbeiter der Polizei vor Ort, jede Person steht in Verdacht, niemand traut dem Anderen. Denn da steht auch noch die Vergangenheit von Oxen im Raum. Und mit jeder Seite die man liest, kommen neue Informationen hinzu, die einen wieder umdenken lassen, wer ist für welche Tat verantwortlich. Überwachungskameras verschwinden, Aufnahmen tauchen unter mysteriöser Weise auf, auch ein Gärtner ist nicht das, was er vorgibt zu sein.
Keine der hier dargestellten Persönlichkeiten wirken übertrieben, weder ausgesprochen sympathisch oder unsympathisch. Alle haben ihre Ecken und Kanten, wie im richtigen Leben. Das macht den Thriller so glaubwürdig, auch oder gerade wegen der Verschwörungstheorien. Denn Jensen hat viele Anleihen aus der Realität genommen, die er im Anschluss auch erläutert. Der Autor lässt es richtig krachen, und das von Anfang an. Eine Erzählweise, die einen das Buch nicht aus der Hand legen lässt.
Mehr vom Autor und seinen Büchern findet sich zum Beispiel unter: https://jenshenrikjensen.de/