Rezension

Verdammt gute Nächte / 3,5 Sterne

Verdammt gute Nächte - Kathrin Schrocke

Verdammt gute Nächte
von Kathrin Schrocke

Zum Inhalt:

Seit wann muss Liebe einen Sinn ergeben?
Jojo ist 15 und zählt zu den einsamsten Geschöpfen auf diesem Planeten. Sein Freund Michael steht auf schlechte Pornos, sein Freund Sushi ist ein adoptierter Japaner und Musterschüler, und seine erste große Liebe Lilli ist – seit einem Monat mit Michael zusammen. Dann taucht plötzlich Puma auf. Sie ist hübsch, cool, witzig und fährt einen roten Alfa Romeo Spider. Aber das Wichtigste ist: Sie nimmt ihn ernst. Die Sache hat nur einen Haken: Puma ist doppelt so alt wie er … (© Sauerländer Verlag)

Meine Meinung:

Vor dem Lesen hatte ich eigentlich keine richtige Ahnung, was mich in diesem Buch erwarten würde. Der Inhalt klang für mich sehr interessant und ich war gespannt, wie Kathrin Schrocke dieses brisante Thema umsetzen würde. Nach dem Lesen bleibe ich leider zwiegespalten zurück. Während der ersten Hälfte des Buches war meine Lesewelt noch in Ordnung und ich genoss den tollen Stil der Autorin und die Geschichte, die sie zu Papier gebracht hat. Doch dann kam die Wende – mit einem großen Knall. In der Geschichte und auch bei meinem Lesegefühl. Ich möchte zwar nicht sagen, dass ich schockiert gewesen bin, aber mein Gemütszustand kam da schon recht nah dran.

“Ich sehnte mich nach jemandem. Nach jemandem, dem ich etwas bedeutete. Der mir etwas bedeutete.” (Seite 14)

Zuerst lernt man Jojo, seine Freunde, Familie, Gedanken und Probleme kennen. Jojos Charakter ist toll gezeichnet. Man merkt ziemlich deutlich, dass ihm was fehlt. Und auch, was ihm fehlt. Seine Sehnsucht nach Geborgenheit, Liebe und Aufmerksamkeit ist die ganze Zeit über mehr als greifbar. Auch, wenn Jojo das nur dem Leser erzählt. Seine Eltern und Freunde scheinen nicht zu ahnen, was in ihm vorgeht, da er nach außen hin wie der typische, 15-jährige Junge wirkt. Über sein wahres Seelenleben weiß nicht mal er so wirklich Bescheid, hatte ich manchmal das Gefühl. Doch dann trifft er auf Puma. Und mit einem Mal wird ihm klar, was er will: Puma.

Die Erwachsenen in “Verdammt gute Nächte” haben mich größtenteils den Kopf schütteln lassen – immer wieder. Jojos Eltern wirkten auf mich lustlos, sich mit der Thematik/Problematik beschäftigen zu wollen, nachdem sie davon erfahren haben. Anfangs dachte ich noch, dass sie vielleicht nicht wissen, wie sie mit ihrer Hilflosigkeit umgehen sollen. Doch gegen Schluss des Buches verbannte ich diesen Gedanken aus meinem Kopf. Gerade das Verhalten von Jojos Mutter konnte ich nicht mal ansatzweise nachvollziehen. Pumas Verhaltensweise bleibt da außen vor, da ich über sie leider viel zu wenig erfahren habe, um eine konkret begründete Meinung von ihr haben zu können. Mal abgesehen davon, dass sich eine erwachsene Frau nicht so verhalten darf, wie ich finde.

An sich finde ich es immer gut, wenn Bücher – auch Jugendbücher – Tabuthemen behandeln, Stoff für Diskussionen liefern und zum Nach- und evtl. auch Umdenken anregen. Doch bei “Verdammt gute Nächte” wurde das brisante Thema an manchen Stellen – für meinen Geschmack – leider ein wenig zu brisant umgesetzt.

“Meine Knie wurden weich, und für einen Augenblick fühlte es sich an, als würde ich schweben. Ich war nicht mehr im Garten am Rande unseres Dorfs. Ich befand mich in einer gänzlich anderen Galaxie. Hier galten die Gesetze der Erde nicht. Es gab keine Schwerkraft, es gab keine Grenzen. Ich bewegte mich schwerelos durch Raum und Zeit. Puma, meine Weltraumgefährtin, hielt ich fest an den Händen.” (Seite 121)

Um ehrlich zu sein, kann ich mir nicht vorstellen, dass Jugendliche im Alter von 14 Jahren wirklich wissen, wie mit dem Gelesenen währenddessen und auch im Nachhinein umgehen sollen und was die Botschaft in diesem Buch für sie sein soll. Selbst ich weiß das mit meinen 31 Jahren nicht wirklich… Ich weiß nicht, was mir dieses Buch sagen soll. Das es mir sagen soll, ist für mich klar. Nur was, weiß ich leider nicht.

Vielleicht geht es in diese Richtung: Meine Grundhaltung zu diesem Thema ist glasklar. Und daran hat sich nach diesem Buch auch nichts geändert. Und doch hat Kathrin Schrocke es geschafft, dass viele Gedanken und Aspekte zu diesem Thema kreuz und quer durch meinen Kopf schießen. Darunter auch ein paar, die vorher vielleicht noch nicht da waren.

“Verdammt gute Nächte” ist kein “typisches” Jugendbuch. Kathrin Schrocke nimmt sich darin eines Tabuthemas an, dessen Umsetzung mich leider nicht vollends überzeugen konnte. Dennoch ist das Buch absolut lesenswert und lädt zum Nachdenken und Diskutieren ein.

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