Rezension

Wichtige Themen, mittelmäßige Umsetzung

Gebete für die Vermissten - Jennifer Clement

Gebete für die Vermissten
von Jennifer Clement

Liest man bereits veröffentlichte Rezensionen zu diesem Buch, wird man von einer Welle der Begeisterung überrollt, man übertrifft sich gegenseitig mit Lob. Diesem Lob kann ich leider nicht zustimmen. Ich habe mir sehr viel von dem Buch erhofft, da die Thematik einfach interssant klang. Aber ich wurde ehrlich gesagt enttäuscht. Wenn man schon ein (auf realen Ereignissen basierendes) Einzelschicksal aus dieser Gegend beschreibt, sollte man sich auch mit der Protagonistin, Ladydi, verbunden fühlen und sich in sie hinein versetzen können. Ihre Geschichte und ihr Schicksal blieben mir jedoch so fern wie Mexiko geographisch von Deutschland entfernt ist. Ich hatte das Gefühl, keine einzige richtige Emotion in diesem Buch wahrzunehmen. Außerdem schwankte die Mutter immer zwischen liebevoll und absolut grausam. Aber das schien etwas zu sein, was Ladydi nicht bewegte, zumindestens kommt es nicht so rüber. Auch wird kein Wort über Liebeskummer verloren und generell wird die "Liebe" relativ... emotionslos gehalten. Dabei schreibt sie in der "Ich-Form" hätte also alle Möglichkeiten, Gedanken einfließen zu lassen. Vielleicht ist das aber auch eine Folge davon, dass kein einziges Mal wörtliche Rede benutzt wird, aber naja... ich konnte auf jeden Fall keine Verbindung zu Ladydi aufbauen und fand das sehr schade. Ich habe immer auf die Emotionen gewartet, ich habe immer darauf gewartet, endlich in ihr Schicksal einzutauchen, es zu erleben und so besser zu verstehen. Denn ich wollte ihr Schicksal verstehen, ich wollte ein Bild dafür kriegen wie dieses eine Leben in Guerrero aussieht, ich habe einfach ein tolles, bewegendes Buch erwartet. Stattdessen war es leider sehr trocken und - wie bereits gesagt - ziemlich emotionslos.
Die angesprochenen Thematiken (Armut, Mädchenentführung, Drogenhandel, Aids, etc) sind nach wie vor wichtig, aber ich finde sie hier einfach nicht gut umgesetzt.
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