Rezension

Wunderschön erzähltes dichtes Familiendrama über zwei ungleiche Brüder

Nachsommer - Johan Bargum

Nachsommer
von Johan Bargum

Bewertet mit 5 Sternen

Olof stand schon in der Jugend im Schatten seines zwei Jahre jüngeren Bruders Carl, der vor Jahren mit seiner Familie in die USA ausgewandert ist. Als ihre Mutter im Sterben liegt, trifft sich die Familie wieder im Sommerhaus in Finnland.
Die Rivalitäten aus der Kindheit und Jugend, die Ungleichheit in der Beziehung zur Mutter und zu deren Lebensgefährten - Onkel Tom - sind sofort wieder da, und Olof erinnert sich in diesen Sommertagen auf einmal an Erlebnisse aus der Vergangenheit, die er längst vergessen oder verdrängt hatte.

Meine Meinung:
Der Roman "Nachsommer" ist zwar nicht umfangreich an Seiten, aber unglaublich reich an Inhalt. Von der ersten Seite an war ich gefangen in der sprachgewaltigen Erzählung aus Olofs Sicht, die so eindringlich und vielschichtig von der Beziehung zu seinem Bruder und den anderen Familienmitgliedern berichtet. Die Personen werden - vielfach auch eher implizit - sehr fein beschrieben, mit all ihren inneren Zwängen und Konflikten, die oft eher unter der Oberfläche zu erahnen sind und vielleicht den einzelnen auch gar nicht in vollem Umfang bewusst sind.
Johan Bargum versteht es, durch seine hintergründige Erzählweise in klaren und doch sehr bildreichen Worten eine extrem dichte Atmosphäre zu schaffen, die den Leser teilhaben lässt an dem vielschichtigen Beziehungsgeflecht innerhalb der Familie und an der Dramatik, die in der Vergangenheit begründet liegt. Ich glaubte fast, die Luft am See zu riechen oder den Donner des Gewitters zu hören, so sehr hat mich die Erzählung in ihren Bann gezogen.
Auch optisch ist der kleine Band mit einem ansprechenden Cover und einer hochwertigen Aufmachung wunderschön gestaltet, so dass das Leseerlebnis rundum ein Genuss ist.

Fazit:
Für mich war "Nachsommer" ein absoluter Lesegenuss und ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen, weil mich die Atmosphäre und das Familiendrama so gefangen hat. Unbedingt lesen!