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Rezensionen

„Wer nicht schreiben kann, rezensiert.“

Verlage nutzen sie als Werbemittel, Lesern dienen sie als Orientierungshilfe und Autoren können an ihnen ablesen, auf welche Resonanz ihre Arbeit stößt: Rezensionen haben maßgeblichen Einfluss auf den Kauf und Verkauf von Büchern.

Rund 80.000 neue Bücher erscheinen jedes Jahr. Jeder einzelne Titel wird dem „Verzeichnis lieferbarer Bücher“ – dem sogenannten VLB – elektronisch gemeldet und der Verlag schickt die Bücher an die Deutsche Nationalbibliothek. Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle deutschsprachigen Publikationen zu archivieren und öffentlich zugänglich zu machen. Ende 2012 belief sich der Gesamtbestand auf rund 27,8 Millionen Einheiten.

Selbst der versierteste Leser verliert da den Überblick.

Um der Masse der Neuerscheinungen nicht hilflos gegenüberzustehen, bieten sich dem Leser verschiedenste Orientierungshilfen an. Neben Besten- und Bestsellerlisten, ist es vor allem die Rezension, die entscheidenden Einfluss auf die Kauf- und Leseentscheidungen der Menschen ausübt. Doch nicht nur das. Verlage nutzen Kritiken als Werbemittel und Autoren versuchen, an ihnen abzulesen, wie sie beim Leser ankommen – was nicht immer nur schmeichelnd sein muss. So schrieb Goethe in einem Gedicht beispielsweise: „Schlagt ihn tot den Hund! Es ist ein Rezensent“, und der deutsche Journalist Carl Ludwig Börne sagte: „Wer nicht schreiben kann, rezensiert.“

Die Ursprünge der Literaturkritik finden sich im späten 17. bzw. frühen 18. Jahrhundert. Schon der von Wieland gegründete „Teutsche Merkur“ war ein wichtiges Rezensionsorgan und diente damit u.a. als Vorbild für das Familienblatt „Die Gartenlaube“, das vor allem auch durch seine erfolgreiche Literaturkritik bereits im Jahr 1875 eine Auflage von 382.000 Exemplaren erreichte. Rezensionen waren zu diesem Zeitpunkt, als gerade mal 100.000 Personen in Deutschland Texte lesen konnten, viel mehr als nur eine grobe Orientierung, um sich im literarischen Angebot zurecht zu finden. Leser lernten, was gute Literatur ausmachte, welchen Kriterien sie standhalten sollte und wie man sie bewerten konnte. Und so führten Rezensionen allmählich dazu, dass sich immer mehr Literaturfreunde herausbildeten, die am Erfolg des Buchhandels maßgeblich beteiligt waren.

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurden auch in Deutschland Kritiken in den Tageszeitungen abgedruckt, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Anfangs waren es vornehmlich Theaterkritiken, dann weiteten sich die Themen nach und nach auf das gesamte kulturelle Leben aus. Auch wenn sich die Literaturkritik über die Jahrhunderte stark entwickelt hat, ist sie bis heute fester Bestandteil des Feuilletons.

Heute sind es meist relativ kurze, aufsatzartige Texte, in denen der Rezensent Stellung zu einem Werk bezieht – mal respektvoll und lobend, dann wieder ironisch und vernichtend. Eine Übersicht über die täglich erscheinenden Rezensionen bietet die Feuilletonrundschau unter www.perlentaucher.de. Die Redaktion des Internet-Magazins wirft seit 2000 einen Blick in die Kulturseiten der wichtigen deutschen Zeitungen und kommentiert die veröffentlichten Rezensionen.

Die ausführlichen Buchbesprechungen kosten die Rezensenten eine Menge Zeit. Es genügt nicht, den Roman flüchtig zu lesen, sie müssen sich intensiv mit der Lektüre beschäftigen, und sind häufig stundenlang mit dem Verfassen einer einzigen Rezension beschäftigt. Dem hohen Aufwand steht der immer geringer werdende Platz gegenüber, der der Literaturkritik in Zeitungen eingeräumt wird. Und gerade für freiberuflich arbeitende Rezensenten wird die Arbeit immer unattraktiver.

Ganz nebenbei: Auch in anderen Medien wird Literatur besprochen. Doch hier meist in anderen Formen. Im Radio ist es schon lange nicht mehr üblich, dass Rezensionen einfach vom Blatt vorgelesen werden. Verdrängt wurde diese Methode von Interviews mit Literaturkritikern oder kurzen Berichten über die persönlichen Leseerfahrungen. Auch im Fernsehen werden Romane besprochen. Beispielsweise diskutierte Marcel Reich-Ranicki gemeinsam mit Hellmuth Karasek und Sigrid Löffler im „Literarischen Quartett“ über Literatur, Elke Heidenreich sprach in ihrer Sendung „Lesen!“ bis 2009 über Bücher und Dennis Scheck stellt bis heute in„Druckfrisch“ Neuerscheinungen vor.

Durch das Internet hat sich einiges geändert. Neben Rezensionen in den Print- und Onlinemagazinen, bieten die meisten Online-Shops ihren Kunden die Möglichkeit an, ihre Meinung zu veröffentlichen. Jeder kann die angebotenen Produkte bewerten und seine Einschätzung schriftlich veröffentlichen. Häufig wird diese Form der Rezension auch einfach „Kundenmeinung“ genannt. Daneben existieren in Deutschland Hunderte von Buchblogs und Portalen, in denen Rezensionen gesammelt werden. Ist man sich bei dem Kauf eines neuen Buches unsicher, reichen ein paar Klicks im Internet, um die Meinungen anderer Leser zu Hilfe zu ziehen. Hier schreiben die „normalen“ Leser und berichten von ihren persönlichen Leseerfahrungen. Häufig so, als würden sie ihrer besten Freundin von einem guten Buch berichten. Es ist eine andere Art des Textes: unkompliziert, persönlich, authentisch – und gerade dadurch für viele die erste Anlaufstelle.

Lest ihr selbst Rezensionen, um euch einen Überblick zu verschaffen oder andere Meinungen einzuholen? Schaut ihr euch vor allem Kritiken auf Blogs und in Foren an oder lest ihr auch die Feuilleton-Artikel in den Print- und Onlinemedien?

 

Artikel verfasst von: +Maren Kahl

Kommentare

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buecherwurm1310 kommentierte am 08. Januar 2014 um 09:00

Rezensionen können einen beeinflussen. Aber meist lese ich sie erst hinterher, weil ich oft den Eindruck habe, es wird zuviel gelobt. Dadurch möchte ich mich nicht so gerne in die Irre führen lassen. Mir helfen die Buchbeschreibungen und ein Blick ins Buch viel mehr, eine Entscheidung zu treffen. Von einigen Autoren lese ich aber auch einfach jedes Buch.

Rezensionen nachher bringen mich manchmal dazu, auch andere Sichtweisen kennenzulernen, das finde ich ziemlich intressant.

westeraccum kommentierte am 08. Januar 2014 um 09:56

Ich lese zwar Rezensionen, traue ihnen aber nicht immer, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass da ein Buch "hochgeschrieben" werden soll. Außerdem werden in den Feuilletons der Zeitungen meist sehr anspruchsvolle Werke besprochen, das ist nicht immer der richtige Lesestoff für mich, wenn ich einfach nur entspannen will. Nach meinem Eindruck werden auch die "Verrrisse" seltener, mir scheinen die Rezensenten mehr und mehr dazu zu neigen, nur positiv zu urteilen. Dass Reich-Ranicki den Grass in der Luft zerriss, das ist lange her!

Meist entscheide ich auch nach Bauchgefühl oder lasse mir den der Buchhändlerin oder Bibliothekarin meines Vertrauens etwas ans Herz legen. Damit bin ich eigentlich immer ganz gut gefahren. Und bei einem Misssgriff gebe ich dem Buch 50 Seiten, dann lege ich es weg. Kommt aber selten vor!

kommentierte am 08. Januar 2014 um 10:53

Wenn mich ein Buch vom Titel her anspricht, dann versuche ich mir durch Rezensionen einen weiteren Überblick zu verschaffen. Aber ob ich mir das Buch kaufe und es lese, entscheide ich dann doch aus dem Bauch heraus. Ohne Rezensionen hab ich mir das Buch von Dr. Mark Benecke bei einer Präsentation seiner Arbeit hier vor Ort gekauft. Bekam sogar eine persönliche Widmung. Seine Beamerpräsentation und lockere Art war die beste Werbung. Er schreibt sehr detailreich und doch leicht verständlich. Sehe ihn Ende Januar wieder, wenn er dann wieder bei uns von seiner spannenden Arbeit berichtet. Rezension über sein Buch "Mordmethoden" folgt auf jeden Fall noch.

kommentierte am 08. Januar 2014 um 10:53

Wenn mich ein Buch vom Titel her anspricht, dann versuche ich mir durch Rezensionen einen weiteren Überblick zu verschaffen. Aber ob ich mir das Buch kaufe und es lese, entscheide ich dann doch aus dem Bauch heraus. Ohne Rezensionen hab ich mir das Buch von Dr. Mark Benecke bei einer Präsentation seiner Arbeit hier vor Ort gekauft. Bekam sogar eine persönliche Widmung. Seine Beamerpräsentation und lockere Art war die beste Werbung. Er schreibt sehr detailreich und doch leicht verständlich. Sehe ihn Ende Januar wieder, wenn er dann wieder bei uns von seiner spannenden Arbeit berichtet. Rezension über sein Buch "Mordmethoden" folgt auf jeden Fall noch.

katze267 kommentierte am 08. Januar 2014 um 11:31

Ich finde Rezensionen oder "Kundenbewertungewn" immer recht hilfreich, wenn ich ein Buchgeschenk aussuche.

Oft liest der Beschenkte andere Genre als ich, auch bei aktuellen Kinderbüchern oder Hobbybüchern (Stricken, kochen,...) kenn  ich mich nicht immer aus.

Da ist mir dann auch egal, wenn was  (oder viel)vom Inhalt verraten wird.

Ansonsten finde ich es schlimm, wenn bei Rezensionen viel zuviel vom Inhalt geschrieben wird, da verliert man ja viel von der Spannung. Bei meinen Rezensionen versuchhe ich das zu vermeiden, nur die Anfangssituation beschreibe ich (schliesslich will masn ja doch etwas über den Inhalt wissen) und den Eindruck.

So wünsche ich mir auch Rezensionen von Büchern, die ich mir kaufen möchte und bei denen ich aus Unsicherheit in die Rezensionen schaue.

Lerchie kommentierte am 08. Januar 2014 um 11:35

Zwar lese ich die Rezensionen, aber meistens entscheiden die nicht, ob ich das Buch kaufe oder nicht. Schließlich hat jeder einen anderen Geschmack und jeder liebt eine andere Schreibweise. Ich habe auch schon oft Bücher gekauft, deren Rezensionen nicht überragend waren, die mir aber sehr gut gefielen. Und oft steht in den Rezis nichts über den Inhalt, und das ist etwas, was ich bei einer Rezi brauche. Natürlich darf nicht das ganze Buch erzählt werden! I wo! Aber ich will wissen, um was es in dem Buch geht und der Klappentext ist hier auch nicht immer sehr hilfreich! Aber bei immer mehr Büchern gibt es Leseproben, die zwar auch in die Irre führen können, aber da kann man eher sehen, ob einem das Buch gefallen könnte. Doch auch hier habe ich mich schon geirrt.

CogitoLeider kommentierte am 08. Januar 2014 um 12:08

Ich lese Rezensionen sehr ungern.

Erstens verraten sie oft zu viel vom Inhalt und zweitens entspricht mein Geschmack sehr oft nicht dem der Rezensenten. So habe ich fast alle meiner 'Fehlgriffe' Rezensionen zu verdanken.

 

Ich hoffe allerdings, dass meine Rezensionen nicht diesen Effekt haben!

Irve kommentierte am 08. Januar 2014 um 13:26

Wenn ich schon Bücher des Autors kenne, kaufe ich weitere, ohne mich vorher groß drüber zu informieren.

Ansonsten schaue ich mich in den Communities nach Rezis um und googel auch schonmal Titel und Autor. Worauf ich mich keinesfalls verlasse, sind Rücken- und Klappentext.

Blackfairy71 kommentierte am 08. Januar 2014 um 15:03

Da ich selbst Rezensionen schreibe, lese ich auch gerne die von anderen Lesern in Foren und Communities und Blogs. Dadurch ist meine Wunschliste beträchtlich gewachsen. *g*

Allerdings lasse ich mich beim Kauf nicht unbedingt davon beeinflussen. Wenn ich ein Buch lesen möchte, dann tue ich es, auch wenn die Rezis schlecht waren. Schließlich sind Geschmäcker verschieden. Umgekehrt mache ich auch nicht jeden Hype mit. "Shades of Grey" interessiert mich z.B. nicht die Bohne, also lese ich es auch nicht, trotz der positiven Rezis.

Fay1279 kommentierte am 08. Januar 2014 um 15:34

Ich bin schon oft durch Rezensionen auf Bücher aufmerksam geworden, die ich so nie in die Hand genommen hätte. Ich bin bei mehreren Portalen angemeldet und lese dort die Rezensionen sehr gern. Aber wenn mich ein Buch anspricht kaufe ich es auch wenn es vielleicht bei anderen nicht so gut ankommt.

was ich nicht lese sind Feuilletons, da sie mir oft zu hochtrabend und unpersönlich sind. Man hat dann immer das Gefühl, das man ohne Studienabschluss nicht in der Lage ist diese Bücher zu lesen.

serpina kommentierte am 08. Januar 2014 um 19:02

Ich lese Rezensionen von anderen Blogs. Selten was in Fachzeitschriften steht, da die für mich eh nicht so wirklich das weitergeben, was sie eigentlich wollen.

Red-Sydney kommentierte am 08. Januar 2014 um 22:25

Für mich sind Rezensionen ein Anreiz, neue Bücher erst einmal kennen zu lernen, wenn ich noch nicht weiß, was genau mich erwartet. Aber wirklich entscheidend beim Buchkauf sind für mich hauptsächlich solche Rezensionen von Leuten, deren Geschmack ich teile und die ihre Meinung auch nachvollziehbar begründen können.

Meistens lese ich sie aber erst, wenn ich selbst das Buch schon gelesen habe, um zu sehen, was andere darüber sagen können. Gerade weil man da gerne mal in eine Diskussion verstrickt wird oder auch mal andere Ansichten zur Handlung, den Figuren o. ä. kennen lernt.

Cynder Aryan babbelte am 09. Januar 2014 um 04:08

Ich habe mich öfters durch Rezensionen beeinflussen lassen Bücher zu kaufen, da die meisten Blogger sehr genau auf die einzelnen Faktoren eingehen - sei es Erzählperspektive, Ausdrucksweise oder anderes. 

Inzwischen bin ich selbst Bloggerin, und da man sich doch auf FB-Gruppen usw. austauscht, lese ich jetzt noch viel öfter Rezensionen als früher. Manche Bücher würde ich auch ohne sie nicht kennen, ich stoße erst durch diverse Blogs auf kleine Schätze. :)

kommentierte am 10. Januar 2014 um 23:08

Rezensionen lese ich meist auch nach dem Buch :) Mir geht es wie vielen hier, oftmals lasse ich mich von Kritikpunkten beeinflussen, achte dann beim Lesen auf Gesagtes und suche regelrecht nach den besprochenen Makeln. Das kann vom unvoreingenommenen Lesevergnügen echt ablenken. Daher lese ich das Buch lieber unbelastet und schaue mir dann hinterher die Rezensionen an, um zu sehen, wie das Buch auf andere gewirkt hat. Da beschäftigt man sich dann hinterher noch mit dem Inhalt, das finde ich ganz schön. Nicht einfach gelesen und weggepackt.

Ansonsten mache ich die Aussagekraft einer Rezension hauptsächlich vom Buchgeschmack des Rezensenten abhängig. Ich schaue mir dann an, was der Person besonders gut gefallen hat und was nicht so gern gelesen wird und kann dann das Urteil in der Rezension besser für mich gewichten.

Vor dem Lesen schaue ich mir Rezensionen dann an, wenn ich komplett ahnungslos und unsicher bin, wie das Buch geschrieben sein könnte und was mich erwartet. Und das Stöbern in Buch-Communities und Blogs fördert immer wieder neue spannende Sachen zu Tage und beeinflusst schon die Entscheidung, ein Buch zu lesen, das man bisher nicht so ganz wahrgenommen hat.

aly53 kommentierte am 11. Januar 2014 um 21:13

ich lese mir meist keine rezensionen durch, da es mich zu sehr beeinflusst, ich bilde mir lieber selber meine Meinung. Und jeder hat auch eine andere Auffassung von Büchern.

gaby2707 kommentierte am 11. Januar 2014 um 23:03

Ich lese Rezensionen auch meist erst, wenn ich mit dem Buch schon durch bin.

Ich bilde mir am liebsten selbst eine Meinung, schaue aber auch z.B. bei "Krimicouch" rein oder frage bei der Buchhändlerin meines Vertrauens, die sich mit Krimis bestens auskennt, nach.

Da bin ich immer auf der sicheren Seite.

fraencisdaencis kommentierte am 28. März 2014 um 00:26

Wieder ein sehr informativer Artikel, vielen Dank dafür!

Ich nutze Rezensionen meist dafür, auszuloten ob ein Buch meinem Geschmack entspricht oder nicht. Meistens lese ich mehrere Rezensionen, um ein breiteres und detailliertes Bild zu bekommen. Die Rezensionen lese ich meist auf Blogs. 

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