Rezension

Eine Geschichte von Familie, Loyalität, Menschlichkeit und Moral

Feuerjagd -

Feuerjagd
von Tana French

Bewertet mit 5 Sternen

„Feuerjagd“ schreibt die in „Der Sucher“ begonnene Geschichte von Cal und Trey fort: Ardnakelty in Irlands Westen. Cal Hooper, Ex-Cop aus Chicago, fühlt sich wohl in der ländlichen Umgebung und hat seinen inneren Frieden gefunden. Die anfänglichen Vorurteile der Einheimischen scheinen weitgehend ausgeräumt, auch wenn er noch immer wahlweise als „Amerikaner“ oder der „Zugezogene“ bezeichnet wird. Und auch sein Privatleben läuft in ruhigen Bahnen. Die Beziehung mit Lena ist stabil und auch der Kontakt mit Trey, die so etwas wie eine Ersatztochter für ihn ist, hat sich intensiviert. Er hat sie unter seine Fittiche genommen, lehrt sie das Schreinerhandwerk und gibt ihr damit eine Perspektive, damit sie nach ihrem Schulabschluss auf eigenen Beinen stehen kann.

Dass die Idylle trügerisch ist, wird spätestens dann klar, als unverhofft deren Vater Johnny, der typisch smarte Glücksritter und Taugenichts, nach Jahren der Abwesenheit in Begleitung eines Engländers auftaucht und sich wieder in ihr Leben einmischt. Die beiden haben hochfliegende Pläne, hat doch die irische Großmutter des Engländers von einem Goldschatz erzählt, der angeblich im Flussbett darauf wartet, gehoben zu werden und alle reich zu machen. Doch dafür brauchen sie die Hilfe der Einheimischen. Die könnten das Gold gut gebrauchen, denn der außergewöhnlich heiße und trockene Sommer schadet der Landwirtschaft und der Viehzucht, gefährden die Existenz. Aber dennoch, die Reaktion der Dorfgemeinschaft ist nicht eindeutig. Von Zustimmung und Euphorie einerseits und Ablehnung und Misstrauen andererseit ist alles dabei. Nicht zu vergessen, die Wut, die sich Bahn bricht. Und die Rachepläne, die Trey schmiedet…

Wie wir es von anderen Romanen Tana Frenchs kennen, nimmt sich die Autorin Zeit, ihre Geschichte zu entwickeln. Ihre Personen sind komplex, deren Charakter sorgfältig entwickelt. Zeit und Raum, in denen sie sich bewegen, sind gespickt mit scheinbar nebensächlichen Informationen, die allerdings im Lauf der Handlung relevant werden. Landschaft und Dorfleben werden genauestens beschrieben und kreieren damit diese ganz besondere Atmosphäre, die wir zwar mit Irland verbinden, sich aber außerhalb der üblichen Klischees bewegt.

French richtet unseren Blick auf die großen Themen wie Menschlichkeit und Moral, auf persönliche Integrität und zwischenmenschlichen Beziehungen, auf Familie und Freundschaft, aber auch die sich daraus entwickelnde Loyalität, die durchaus widersprüchlicher Natur sein und dafür sorgen kann, dass sich moralische Grenzen verschieben. Sie ist eine Meisterin der Zwischentöne, Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse gibt es bei ihr nur selten. Und damit kommt sie dem Kern der menschlichen Natur ziemlich nah.

Lest dieses Buch. Unbedingt!