Rezension

Eine Wahlfamilie für mutterlose Kinder - Aufwachsen im Arbeiterviertel

Ich komme nicht zurück -

Ich komme nicht zurück
von Rasha Khayat

Bewertet mit 5 Sternen

Hanna und Zeyna wuchsen in den 80ern beide mutterlos auf; Hanna bei ihren Großeltern Feliza und Theo, Zeyna bei ihrem Vater Nabil. Der Dritte im Bunde war Cem, dessen Eltern ein Lebensmittelgeschäft führten. Als Erwachsene kommt  die Icherzählerin Hanna zur Zeit der Corona-Pandemie  in die Wohnung ihrer Kindheit und in ihr Stadtviertel zurück. Ein klassisches Arbeiterviertel, in dem damals regelmäßig der Eiswagen und der Altmetallhändler vorfuhren. Hanna glaubt, im Viertel eine kleine, dunkelhaarige Frau gesehen zu haben, daher kreisen ihre Gedanken um die Erinnerung an eine wunderbare Kindheit, die mit dem Attentat von Mölln 1992 und dem Bruch mit Zeyna nach dem 11.9.2001 endete. Die in der Schule gedisste Dreierclique mit ihren Angehörigen bildete damals eine Wahlfamilie, die einander adoptierte und  in der sich besonders Nabil und Theo nahestanden. Cems Mutter Aylin  und Feliza wandten sich besonders Zeyna zu, die in der Fremde aufwuchs und  vermutlich  von ihnen als einsamer gesehen wurde als Hanna. Hanna lebt heute in der alten Wohnung; sie könnte sich als die von allen Zurückgelassene definieren.  Noch immer eifersüchtig auf Zayna, muss sie endlich realisieren, dass zwischen ihrem Aufwachsen und Zeynas ein eklatanter Unterschied bestand. Ohne Cem, schon damals das Scharnier zwischen den beiden Dramaqueens, werden Hanna und Zeyna  einander wohl kaum die Hand reichen können.

Fazit

Rasha Khayat arbeitet mit Andeutungen eines großen Geheimnisses. Hannas  durch Satzfragmente gehetzt wirkende Sprache könnte vermuten lassen, dass sie wiederholt Anlauf nimmt, bis sie endlich zum Kern des Konflikts kommt. Auch wenn ich das Kreisen um das verdrängte Geschehen als unbefriedigend empfunden habe, zeigt Rasha Khayat  in ihrem 176 Seiten kurzen Roman am Beispiel der Mädchen, dass nicht alle das Gleiche benötigen, sondern jede Person das, was sie braucht.