Rezension

Anrührende Geschichte über ein kleines Wunder namens August

Wunder - Raquel J. Palacio

Wunder
von Raquel J. Palacio

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt

 

Für seine Eltern und seine Schwester ist er ein Wunder, für viele andere auf der Welt ist er ein Monster. Dabei will August Pullman doch einfach nur normal sein und nicht immer wie ein Aussätziger behandelt werden.

 

August ist eine medizinische Besonderheit: Mehrere seltene Gendefekte haben sein Gesicht vollkommen entstellt. Deswegen gehemmt ist er gar nicht begeistert, als seine Mutter ihm vorschlägt, auf eine öffentliche Schule zu gehen. Er will nicht ausgelacht, verspottet und gedemütigt werden, denn er kennt die Reaktionen auf seinen Anblick genau.
Aber vor allem will er eines sein: Ein ganz normaler Junge und kein Außenseiter. Zögerlich lässt er sich doch überreden und hofft, dass er bloß nicht unter seinen Mitschülern auffällt, was sich als schwieriger erweist als gedacht.
Allerdings sticht er nicht nur durch sein Aussehen unter den anderen Kindern hervor. Er ist klug, mutig, witzig und verdammt tapfer. Und allein das macht ihn bereits zu einer kleinen Attraktion unter den Gleichaltrigen.

 

Meinung

 

Ich muss gestehen, dass ich dem Cover zwar schon öfter begegnet bin, aber nie wusste, um was es in dem Roman ging. Deswegen war es eher ein Spontankauf, weil mich der Klappentext sofort angesprochen hat und ich nach etwas gesucht habe, das mich genauso begeistern würde wie Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Als Erstes hat mich der Hauptcharakter für sich eingenommen. August ist ein liebenswerter Junge, der mit all seinen Ängsten, Hoffnungen und vor allem mit seinem Witz überzeugt. Ein Junge, mit dem jeder gerne befreundet wäre, was die Ablehnung seiner Mitmenschen noch tragischer macht. Man fühlt und leidet mit ihm, gerade weil seine Umgebung so lebensnah auf ihn reagiert: Mit Geschocktheit, Demütigungen, Beschämtheit, sogar Ekel und andererseits mit der unerschütterlicher Liebe, die nur Eltern verspüren können.
Doch auch die anderen Figuren, vor allem diejenigen, aus deren Sicht die Geschichte noch geschildert ist, sind genauso wunderbar gestaltet: Wie Kinder in dem Alter zwischen zehn und fünfzehn Jahren, hin- und hergerissen zwischen dem, was sie fühlen, und dem, was andere von ihnen erwarten.

 

Der einfache Schreibstil erleichtert es einem sehr, sich in die Protagonisten hineinzufühlen. Er wechselt von Perspektive zu Perspektive, was dazu beiträgt, dass man sich schnell zurechtfindet und immer weiß, aus welchen Augen man gerade das Geschehen betrachtet. Dennoch ist dieses Geschehen wesentlich komplexer, als es anfangs den Anschein hat. Denn nicht allein die Kinder und Jugendliche verhalten sich gegenüber August grausam, sondern auch so mancher Erwachsener steckt voller Vorurteile, die an seine Sprösslinge weitergereicht werden. Deren Haltung dürfte für jüngere Leser aus Augusts Altersgruppe etwas schwer verständlich sein, weshalb der Roman meiner Meinung nach auch für Ältere sehr gut geeignet ist. Es ist zumindest lehrreich zu lesen, wie bösartig gewisse Eltern werden können, wenn etwas nicht ihren Vorstellungen entspricht.
Leider wird gerade diese Feindseligkeit ein bisschen zu leicht abgehandelt. Zum Schluss verläuft jener Handlungsstrang komplett im Sand, was ihm teilweise die Schärfe nimmt, die er eigentlich haben sollte.

 

Fazit

 

Mit Wunder ist Raquel J. Palacio ein ganz besonderes Werk gelungen: Die Hauptfigur bezaubert von Anfang an mit Witz, Unsicherheit und ihrer Tapferkeit. Der sehr gut verständliche, schnörkellose Schreibstil passt perfekt zu den liebevoll gezeichneten Charakteren, aus deren Sicht die Geschichte geschrieben ist. Allerdings ist das Buch nicht nur etwas für Kinder um die 10, sondern auch für ältere Leser geeignet, selbst wenn die negativen Reaktionen Erwachsener auf Augusts Aussehen zu schnell an Bedeutung verlieren.
Jeder, der sich für Jugendromane wie Das Schicksal ist ein mieser Verräter begeistern kann, wird diesen sympathischen kleinen Helden lieben.

Kommentare

Sandra Pusteblume kommentierte am 14. September 2013 um 19:35

Kann dir total zustimmen :-) Ich lese immer mal wieder gern gefühlsvollere Bücher wie Ein ganzes halbes Jahr (hast du das schon gelesen?) und Das Schicksal ist ein mieser Verräter, und Wunder fand ich ebenfalls einfach wunderbar! Besonders die kurzen, aussagekräftigen Kapitel aus den vielen verschiedenen Sichten fand ich einfach super interessant und total interessant - ich erinnere nur an die Kapitel von Via, fand ich echt klasse ...