Rezension

Schöner Liebesroman vor spektakulärer Landschaft

Das Versprechen der Islandschwestern - Karin Baldvinsson

Das Versprechen der Islandschwestern
von Karin Baldvinsson

Bewertet mit 5 Sternen

Bei Pia läuft es gerade nicht so rund. In ihrem Job beim Jugendamt ist sie frustriert, zudem hat sie Stress mit pubertierender Teenager-Tochter und Exmann. Als ihre Großmutter sie bittet, mit ihr nach Island zum 90. Geburtstag ihrer Schwester zu reisen, sagt Pia freudig zu, zumal sie gerne Näheres über das gestörte Verhältnis der Schwestern herausfinden will. Vor Ort in der wunderschönen Landschaft Islands fühlt sie sich gleich wohl, wozu sicherlich auch der interessante Nachbar Ragnar seinen Teil beiträgt...
Sehr schön geschriebener Liebesroman mit super sympathischen und sehr  menschlichen Figuren vor der spektakulären Natur Islands. Sehr gut und flüssig zu lesen, dabei aber überhaupt nicht seicht, platt oder plump. Es geht um Gefühle, wie man sie selbst auch sehr gut kennt, um Selbstzweifel und den Versuchen erwachsen und vernünftig zu handeln, aber auch darum, sich einem Menschen nach bitteren Enttäuschungen wieder zu öffnen. Parallel dazu erzählt die Autorin die Geschichte der ungleichen Schwestern Margarete und Helga, die nach dem zweiten Weltkrieg aus dem zerstörten Deutschland nach Island reisen, um dort für ein Jahr als Landarbeiterinnen zu arbeiten. Dies tut sie einfühlsam und humorvoll und verknüpft dabei sehr geschickt zwei Zeitebenen. Dabei erfährt der geneigte Leser häppchenweise die Geschichte des Zerwürfnisses der beiden Schwestern in Island. 
Mir haben viele Dinge sehr gut gefallen, zum Einen dass es um “normale" Menschen geht, die versuchen das Richtige zu tun, dabei aber eben auch mal über die Stränge schlagen, die nicht wie Filmstars aussehen und eben auch ihr Päckchen zu tragen haben. Zum Anderen dass die Autorin wohltuenderweise auf massenhaft Bettszenen verzichtet, sie lässt ihre Figuren - sowohl Ragnar und Pia als auch Helga und Margarete - sich langsam und behutsam aneinander annähern. Das ist nicht immer harmonisch, dabei aber zutiefst nachvollziehbar. Außerdem fand ich die Thematik der Islandschwestern spannend, über die Möglichkeit deutscher junger Leute, nach dem Weltkrieg in Island Arbeit zu finden, wie die Schwestern in Island Fuß fassen und wie sie sich in der Gegenwart miteinander und ihrer Vergangenbeit auseinandersetzen. Dabei ergötzte ich mich vor allem an der Figur von Pias Oma, sie ist einfach köstlich, stur und verschlossen, dabei humor- und temperamentvoll und durchaus lässiger als die viel jüngere Pia. Aber natürlich geht auch die Liebesgeschichte von Ragnar und Pia zu Herzen, und es ist sicher hilfreich, dass Ragnar der Typ Wikinger mit kleinen Schwächen ist, an dessen starker Schulter sich Frau gerne anlehnt. 
Fazit: Schöner Roman über die Liebe mit authentischen Figuren und viel Lokalkolorit. Man merkt der Autorin ihre Liebe zu Land und Leuten deutlich an, sie beweist zudem großes Wissen darüber, ihr Stil ist leicht und flüssig, die Geschichte jedoch bei weitem nicht seicht, sondern durchaus hintersinnig. Bei mir rief sie jedenfalls sowohl helles Lachen als auch gerührtes Weinen bervor, was zeigt, wie sehr ich mit den Protagonisten mitlebte. Was will man mehr?