Rezension

Abschiednehmen, von den Großeltern, von Sylt, von der Jugend

Sylter Welle -

Sylter Welle
von Max Richard Lessmann

Bewertet mit 3 Sternen

Von der aussterbenden Generation

Der Jung fährt zum letzten Mal, so wie die Großeltern sagen, zu ihnen nach Sylt, nachdem er öfters mit ihnen dort war. Campingurlaub. Man kennt sich aus.
Jetzt werden sie zu alt dafür. Kein Camping mehr, sondern eine Wohnanlage. Der Jung eingeschmuggelt, so wie später an Strand, sparen... (das hängt bei den Älteren noch richtig drin!) Erinnerungen an frühere Aufenthalte dort, an familiäre Erlebnisse, Ansichten über seine skurrile Familie, einschließlich der besonders skurrilen Großeltern.
Über eine vom Aussterben bedrohte Generation, uff, ja genau, das ist es! Sie leben halt mit ihren Enkelkindern nur eine gewisse Zeit. Jeder hat sie und jeder vermisst sie dann – die Großeltern.
Schön, dass dies auch mal thematisiert wird…jetzt bin ich auch in der Generation, wo jede:r um mich herum, viele jedenfalls, plötzlich Enkelkinder haben und ich die Enkelkinder Bilder zu sehen bekomme. Der Kommentar dazu immer, ‚süß‘!
Großeltern vergöttern die Enkel. Kaum Arbeit mit ihnen, das liegt alles hinter ihnen, nur noch die Freude an den ‚süßen Kleinen‘. Stolz, guck guck, der stammt von mir ab…

Der Autor ist mir völlig unbekannt. Das Titelbild, ein Gemälde - der brennende Strandkorb Nr. 372, das Meer, der Strand... (ich bin noch nie in einem Strandkorb gesessen), Sylt die teure Insel...Die Schreibe ist eigenartig, der Autor sieht oft eher das Negative, der Geruch der harten Eier, doch gleichzeitig auch poetisch - die weichen Wangen der harten Oma.
Um Gotteswillen, denkt bestimmt ein jeder, der Großeltern hat, so wie vermutlich die meisten Menschen - das kommt mir so bekannt vor:
In meinem Fall waren es aber nicht die Großeltern, sondern die Mutter, die einem alles möglich Ausrangiertes vor die Füße warf, die einem ständig vollstopfte mit Nahrungsmittel, die anpflanzte… was nicht schlecht war, und bis heute, nach ihrem Ableben, bin ich sauer darüber, dass sie einen kerngesunden Kirschbaum, kerngesunde Brombeerbüsche und ebenso kerngesunde Himbeersträucher ausreißen ließ.

Zum einen liebevoll und auch voll mit witzigen Einlagen, zum anderen ein Stück Deutschlandgeschichte, Kriege, Flucht, Verlassen der alten Heimat.