Rezension

Familie - oder: die Menschen, die man liebt, auch wenn man nicht dieselbe Meinung teilt

Sylter Welle -

Sylter Welle
von Max Richard Lessmann

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Buch, dass mich an einigen Stellen sehr berührt hat und zum Nachdenken über die eigene, besondere Beziehung zu den Großeltern einlädt.

Wer kennt das nicht? Familientreffen, unterschiedliche Generationen und Ansichten, alles Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Interessen, Sozialisation, Charakteren,Talenten und doch verbindet sie der Stammbaum und im Idealfall ein gemeinsames Aufwachsen in irgendeiner Form. 

In diesem Setting ist der Debütroman von Max Richard Leßmann angesiedelt, mit viel Urlaubsgefühl on top an drei Tagen des letzten Sylturlaubes mit seinen Großeltern. Die Beziehungen zu diesen steht im Mittelpunkt des Romans, der aus der Perspektive von Enkel Max erzählt wird. Die Großeltern, Lore und Ludwig, beides Kinder ihrer Zeit im Krieg- und Nachkriegsdeutschland aufgewachsen, mit diversen Prägungen, die dies für das weitere Leben bedeutet, Sparsamkeit, ein Fokus auf ordentliches Essen und Sattwerden, wenig Gefühle zeigen, bei Ludwig ein Zwang zur Dokumentation. Sehr schön herausgearbeitet wird, wie besonders das Band der Oma/Opa-Enkel-Beziehung ist, bei allen Differenzen in Ansichten, zuweilen vielleicht auch Verletzungen, die Großeltern, sie waren immer da, eine Konstante in guten, wie in schlechten Zeiten, mit wundervollen Kindheitserinnerungen, jede ärgerliche Eigenheit, mit der Zeit akzeptiert und in ihrer Kontinuität als Marotte fast lieb gewonnen. 

Doch was ist, wenn diese Konstante zu verschwinden droht, weil das Unvorstellbare sich abzeichnet, die Endlichkeit, der scheinbar alterslosen Großeltern? Auch darüber sinniert Max an den drei Tagen, sodass der Roman gleichzeitig einen Rückblick in anekdotischen Erinnerungen, Reflexion, eine Form von Abschied, dem inhärent aber auch immer Neubeginn innewohnt, darstellt.

Es gibt viele Anekdoten über das Familienleben, jedoch auch Max selbst, die oft gut erzählt sind und zum Schmunzeln einladen. Zuweilen zeigen sich jedoch Längen in diesem Anekdotischen, und es scheint der Fokus aus dem Sinn zu rücken. 

Ein Buch, dass mich an einigen Stellen sehr berührt hat und zum Nachdenken über die eigene, besondere Beziehung zu den Großeltern einlädt.