Rezension

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Auftakt einer unvergleichlichen Histo-Krimi-Serie....

Der nasse Fisch - Volker Kutscher

Der nasse Fisch
von Volker Kutscher

Bewertet mit 4 Sternen

Auf viele Empfehlungen hin habe ich kürzlich den ersten Krimi von Volker Kutscher gelesen - und habe es nicht bereut!
Das Cover passt sehr gut zum Histo-Krimi und wie hier bereits festgestellt wurde, versteht es der Autor durch gute Recherche und seine Sprachgewandtheit (inklusive Dialogen im Berliner Dialekt, die mir besonders gut gefielen :-)), den Zeitgeist und die politischen Umstände im letzten Stadium der Weimarer Republik einzufangen und dem Leser nahe zubringen: Gereon Rath, der ermittelnde Kommissar und Hauptprotagonist des Krimis, wird "strafversetzt" von Köln nach Berlin und muss sich in der Großstadt und - zuvor als Mordermittler tätig - nun erstmal bei der Abteilung "Sitte" profilieren. Durch seine Vorerfahrungen, seine Intelligenz und auch sein Durchsetzungsvermögen gelingt es ihm, auch in Berlin einen Mordfall als leitender Kommissar aufzuklären, mit dem er - in eher privater Hinsicht - bereits verwickelt ist....
Die Charaktere und die Hintergründe der handelnden Personen sind glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt; die Hierarchie in den Polizeirevieren und unter den Beamten sowie der aufkeimende Antisemitismus und die aufstrebende NS-Diktatur, die 4 Jahre später durch die Gleichschaltung die Macht an sich reißt, sind sehr gut dargestellt. Gerade die politische Zerrissenheit, die Arbeitslosigkeit und das Gedankengut der älteren Protagonisten, die den 1. Weltkrieg erlebten und Ängste in sich tragen, von den "Sozis" und den "Roten" überrollt zu werden, fand ich sehr beeindruckend. Dieser Teppich bzw. Wegbereiter in der Bevölkerung, die das Gewaltregime erst ermöglichte, spielt eine nicht eben untergeordnete Rolle in dem Krimi, der ihn für mich - historisch betrachtet - zu einem Besonderen werden lässt. Auch der Schreibstil des Autors ist sehr flüssig und anspruchsvoll, was mir sehr gut gefallen hat.
Der Krimi ist in 3 Kapitel unterteilt und sachlich sehr stimmig aufgebaut. Er kommt nun nicht sehr blutrünstig daher, sondern eher in gemächlichem Tempo, das sich aber im letzten Drittel dann doch steigert: Der Plot ist dann doch sehr fulminant und der vermeintlich "Gute", dann aber doch der Bösewicht, den Rath als einziger in ihm erkennt - stirbt eines unrühmlichen Todes, nachdem er sich ungewollt einer tödlichen Säure ausgesetzt sieht, hierin könnte man auch eine Metapher sehen, das Korrupte und wahrhaft "Böse" doch noch auszumerzen....
Ich werde definitiv die Folgebände auch noch lesen und kam nicht umhin, die geschilderten alten Autos mal zu googeln (Maybach, Horch 350 u.a. aus dem Jahre 1929) - ich finde sie alle schön und mag einfach alte Autos: Diesen Charme hat das KFZ längst verloren, schade!
Ich freue mich auf die "Akte Vaterland" und "Märzgefallene" sowie zuerst "Goldstein" und kann diesen historischen Krimi sehr empfehlen!
Von mir gibt es 92 Punkte und 4,5 Sterne!