Rezension

Beklemmende Atmosphäre

Das Dorf der toten Herzen - Agustín Martínez

Das Dorf der toten Herzen
von Agustín Martínez

Bewertet mit 3 Sternen

Nachdem Alberto arbeitslos wurde und in der Familie große Geldsorgen herrschen, beschließen Irene und Alberto in das Haus von Irenes verstorbener Mutter zu ziehen. Für die 14jährige Tochter Miriam bricht eine Welt zusammen: in dem kleinen Dörfchen Südspaniens am Rande der Wüste vermisst sie ihre Freunde aus der Stadt, das schlechte Internet schränkt die Kommunikation ein, es ist kein Welt für die wichtigen Bedürfnisse der Pubertären vorhanden und auch sonst ändert sich in einiges in der Familienstruktur. Als Auftragsmörder die Mutter erschießen und der Vater schwerstverletzt über Monate im Koma liegt, ist die Schuldige schnell gefunden: Miriam wird angeklagt und die Stimmung im Ort schlägt hohe Wellen. Nur eine engagierte Anwältin glaubt nicht an die Schuld des Mädchens und gräbt tief in den Abgründen der Bewohner….

Die Erzählweise ist nicht geradlinig, sondern verzweigt sich immer wieder. Zahlreiche unterschiedliche Erzählperspektiven und immer wieder eingeschobene Rückblicke, die nicht kenntlich gemacht sind, sondern sich alleine nach und nach inhaltlich erschließen, erfordern eine große Konzentration beim Lesen.

Die vorherrschende Stimmung ist überaus beklemmend; dies kommt durch das Grauen des Verbrechens in Zusammenhang mit der Beschreibung der tristen Landschaft und der Bewohner sehr deutlich zum Ausdruck. Immer wieder stellt sich die Frage, wie eine 14jährige ihre Eltern so sehr hassen kann, dass sie wirklich einen Mord als letzten Ausweg sieht.

Bis zum Ende hält sich die Spannung aufrecht und endet mit einem überraschenden Paukenschlag, da die Verdachtsmomente immer wieder wechseln. In dem Dorf hat jeder seine Geheimnisse und alles ist miteinander verbunden.

Die Charaktere sind nachvollziehbar beschrieben, doch echte Sympathien kamen für keinen auf. Es gibt auch keinerlei Helden und Vorbilder, irgendwie sind doch alle Versager oder Verlierer auf die ein oder andere Art.

Ich bin hin- und hergerissen in der Bewertung: Zum einen sind Personen, Stimmungen und Beweggründe sehr gut und atmosphärisch beschrieben, zum anderen ist die Stimmung im gesamten Roman überaus düster und bedrückend; auch verzettelt sich der Autor m. M. Nach in den vielen Charakteren und Namen und nimmt immer wieder viel Geschwindigkeit aus der Geschichte.
Empfehlenswert sicher für alle Leser, die einen Thriller abseits des Mainstreams wählen möchten.