Rezension

Bitteres Ausreißerinnen-Leben

Mado -

Mado
von Wolfgang Franssen

Bewertet mit 4 Sternen

Der Roman beginnt mit Mado Kaaris‘ Flucht vor der eigenen Gewalttat an ihrem Partner. Er ist ein ehemaliger Boxer, ekelt sie inzwischen an, will sie aus Eifersucht einsperren. Um sich selbst zu befreien, hat sie ihn einfach erschlagen. Danach treibt es Mado zur Familie in die Bretagne, die sie nicht gerade liebevoll empfängt. Der Mord ist zudem nicht ihr einziges Problem. Alkohol und Drogen sind Mado‘s ständige Begleiter. Finanzielle Nöte, schlüpfrige Kontakte sind die Folge.

Wolfgang Franßen erzählt die bittere Geschichte einer jungen Frau, die quasi in einer Kneipe aufgewachsen ist, die mit den anzüglichen Gepflogenheiten der Trinker erwachsen werden musste. Ihre Partner und Begleiter sind fast zwangsläufig dem Alkohol zugewandt. Mado selbst kann dem Milieu offensichtlich ebenfalls nicht entkommen. Obwohl sie stets nach kurzer Zeit ihre Zelte abbricht, ihr jeweils aktuelles Leben aufgibt und weiterzieht, gelangt sie schon bald in den nächsten Strudel Richtung Abgrund.

Der Autor thematisiert einen Lebensverlauf, der in ähnlicher Form wahrscheinlich gar nicht so selten ist, allerdings in der Literatur meist ausgespart bleibt. Die Begründung scheint auf der Hand zu liegen. Es ist kein Vergnügen, dieses Buch, von diesem Leben, zu lesen. Für Mado und die anderen Frauen in ihrer Familie gibt es keine Hoffnung auf Verbesserung, nicht ein positives Kapitel in diesem Roman. So bleiben mir Mado und die anderen Charaktere fremd. Ich bleibe auf Distanz zu ihnen, finde sie sogar mehr oder weniger abstoßend. Mado selbst widert mich an.

Der zur depressiven Stimmung im Roman passende Schreibstil verstärkt die negative Atmosphäre noch. Die Sprache ist von kurzen Sätzen geprägt, wenig ausgeschmückt. Zitatejäger werden hier nicht auf ihre Kosten kommen. In der ersten Hälfte erscheint der Roman dadurch langatmig. Die kurzen Kapitel halfen, immer wieder inne zu halten, um das Gelesene zu verdauen. 

Auch wenn das Lesen für mich kein Spaß war, weil auch ich natürlich viel lieber über schöne Dinge lese, finde ich diesen Roman wichtig. Das Leben verläuft leider nicht für jeden gleich. Viele haben es schwerer als man selbst. Der Roman erinnert mich daran, dankbar zu sein, für meine Familie und meine eigenen Möglichkeiten im Leben.

Insgesamt möchte ich eine eingeschränkte Leseempfehlung aussprechen. Wer hauptsächlich Vergnügen sucht, sollte die Finger von „Mado“ lassen. Die Empfehlung gilt jenen, die den Blick ins Abseits wagen möchten und sich tiefergehend mit Abgründen unserer Gesellschaft beschäftigen wollen.