Rezension

Das Potenzial nicht ganz ausgeschöpft

Die Magie der kleinen Dinge - Jessie Burton

Die Magie der kleinen Dinge
von Jessie Burton

Bewertet mit 3 Sternen

Nella, 18 Jahre alt, wird mit dem Amsterdamer Johannes Brandt verheiratet. Brandt ist ein reicher und weithin bekannter Handelsmann. Als sie in dem Herrenhaus in der Herengracht in Amsterdam eintrifft, schlägt ihr nur kalte Abneigung entgegen. Nur das Hochzeitsgeschenk – ein Puppenhaus als exakte Nachbildung des Herrenhauses – spendet ihr etwas Trost. Sie bestellt bei einem Miniaturist Dinge für das Puppenhaus. Doch schon bald nimmt die Geschichte einen mysteriösen Lauf.

Meinung

Schreibstil

Der Schreibstil von Jessi Burton konnte mich leider nicht sofort mitreisen. Ich hatte lange Schwierigkeiten, in die Geschichte zu finden. Es passiert sehr lange kaum etwas, die Handlung schleppt sich und dadurch wirkte der Schreibstil für mich etwas steif. Das Holländisch zwischenrein, die Zitate aus der Bibel und die Art zu Reden, wie es im Jahre 1686 üblich war, sind zwar gut getroffen und geben dem Buch durchaus einen Reiz. Sie sorgten aber dafür, dass sich das ganze noch mehr schleppte. Im Laufe des Buches ist es dann aber noch besser und flüssiger geworden. Auch die Übergänge zwischen manchen Kapiteln und Zusammenhänge waren für mein Befinden teilweise etwas holprig, zumindest im ersten Teil des Buches.

„Als Nella den Mantel fester um sich zieht und auf ihr Zimmer zusteuert, bewegt sich oben an der Treppe ein Schatten. Die Rückseite eines Fußes verschwindet mit angehobener Ferse in der Dunkelheit.“ (S, 215)

Sätze wie dieser sorgten vor allem im hinteren Teil des Buches für etwas mehr Spannung und brachten etwas Mysteriöses hinein. Aber leider ist es dadurch gedämpft, dass viele nicht notwendige Ausschmückungen dabei waren. Kurz und knackig, das sich ein Schatten bewegt, hätte gereicht und wäre für mich spannender.

Charaktere und Geschichte

„Aber die Miniaturistin sieht dich – sie sieht uns alle.“ (S. 205)

Nella ist arm und lebt in einem Bauerndorf. Mit 18 wird sie an den reichen Händler Brandt verheiratet. Sie wird mit der kalten Schulter im Herrenhaus aufgenommen und führt ein einsames, tristes Leben. Ihr Leben als Ehefrau, hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Johannes ist ständig unterwegs wegen seinen Geschäften, seine Schwester Marin ist eiskalt und launisch. Nur mit dem Diener und dem Dienstmädchen, Otto und Cornelia, wird Nella zunächst warm. Das Puppenhaus, dass sie von Johannes als Hochzeitsgeschenk bekommt, sorgt für etwas Trost. Bis sie das erste Mal bei einem Miniaturist bestellt. Von da an, bekommt sie immer wieder Miniaturen, die sie nicht bestellt hatte, und die Hinweise zu ihrer Familie und deren Schicksal verbergen. Nella beginnt zu erahnen, dass die Brandts nicht zu perfekt sind, wie es scheint und gerät immer mehr auf die Spur der dunklen Geheimnisse.

Von der Idee her hat die Geschichte also durchaus Potenzial und klingt sehr interessant. Daher bin ich mit der Erwartung an einen packenden Roman, voller mysteriöser Vorkommnisse herangegangen. Leider hat sich die Handlung mehr als 100 Seiten lang sehr geschleppt, es passierte so gut wie nichts. Später ging es dann um so schneller voran und eine neue Entdeckung und ein aufgedecktes Geheimnis jagt das andere. Wäre es besser verteilt gewesen, hätte das Buch sein Potenzial viel mehr ausgeschöpft. Zudem sind für mich die Handlungsstränge nicht alle perfekt zusammengelaufen oder sind einfach nicht richtig aufgeklärt worden. So erfährt man nie, was denn jetzt die Absichten der Miniaturistin waren, was Nella sich diesbezüglich überlegt hat und wie die Miniaturistin vorgegangen ist. Stattdessen geschehen viele andere Dinge. Es war ein bisschen wie zwei Geschichten, die nicht richtig rund zusammengeführt sind.

Mit den Charakteren konnte mich Jessie Burton aber definitiv überzeugen. Zwar finde ich, kann ich keinen wirklich als sympathisch beschreiben, aber alle sind stark und facettenreich gezeichnet. Ich mag es immer sehr, wenn die Protagonisten nicht einfach gut oder schlecht sind, sondern beides ein bisschen. Denn jeder Mensch hat seine Geheimnisse und sein Päckchen zu tragen. Jeder hat seine guten und schlechten Seiten. Das hat Jessie Burton wirklich gut umgesetzt und so authentische, starke Charaktere geschaffen, die sehr vielseitig und unterschiedlich sind.

Fazit

Ein Buch, bei dem ich mit hohen Erwartungen ans Lesen gegangen bin, dass mich aber nicht ganz überzeugen konnte. Ich habe lange gebraucht, in das Buch zu finden. Die Handlung lief lange sehr schleppend und ereignislos. Erst in der Mitte, oder gar weiter hinten, nahm die Geschichte Fahrt auf. Hier jagte dann ein Ereignis und eine Entdeckung die andere und konnte mich doch noch packen. Die Charaktere konnten mich alle überzeugen. Leider fühlte es sich für mich an, als hätte Jessie Burton zwei verschiedene Geschichten verbinden wollen, was aber nicht ganz rund war. Mir fehlt auch eine Aufklärung rund um die Miniaturistin. Da das Buch aber nach den Anlaufschwierigkeiten noch spannender und ereignisreicher wurde und die Charaktere stark und facettenreich waren, gibt es drei Sterne.