Rezension

Das schwimmende Moor...

Tristan Mortalis -

Tristan Mortalis
von Melissa C. Hill

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eine Moorleiche und viele Geheimnisse, deren allmähliche Auflösung für einige unerwartete Wendungen sorgen - mit einem echt schrägen Ende...

Nachdem sich Michael alias Tristan, Alice, Claire, Bene und Damian in der Theater-AG angefreundet haben, feiern sie gemeinsam ihren Schulabschluss. Danach trennen sich ihre Wege. Damian und Claire studieren, Bene gondelt als Animateur auf einem Kreuzfahrtschiff durch die Welt und Alice hat eine Ausbildung zur Malerin begonnen. Nur von Tristan weiß niemand etwas Genaueres. Als im Moor nahe ihrer Heimat eine Leiche gefunden wird, die Michaels Tristan-Kostüm trägt, ahnen die vier, dass ihr Freund die Partynacht nicht überlebt hat. Sie sind fest entschlossen, das Rätsel um Tristans Tod zu lüften. Doch schon bald stellt sich heraus: Er war nicht der Einzige mit einem Geheimnis. (Klappentext)

Nachdem eine Leiche im schwimmenden Moor am Jadebusen gefunden wird, glaubt jeder sofort an eine Sensation. Doch rasch stellt sich heraus, dass die Leiche nicht wie angenommen mehrere Jahrhunderte lang im Moor lag, sondern erst wenige Monate. Zudem hat sie ein Kostüm an, das einigen jungen Leuten nur zu bekannt vorkommt. Es ist das Kostüm von Michael, der vor dem Abitur den Tristan in der Theater-AG der Schule gespielt hat. Statt wie geplant auf Weltreise zu gehen, lag er offenbar all die Monate tot im kalten Schlick, und gibt nun nicht nur der Polizei viele Rätsel auf.

Als seine ehemaligen Schulfreund:innen und Theaterkolleg:innen von Tristans Tod erfahren, kehren sie alle in ihre Heimatstadt zurück, die sie bis auf Alice für Studium, Musikkarriere oder die Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff gleich nach dem Abitur verlassen haben. Alice, Claire, Bene und Damian sind es auch, die die Polizei über die Identität der Moorleiche aufklären. Doch dabei wollen sie es nicht bewenden lassen. Sie sind entschlossen herauszufinden, was damals mit Tristan geschah - offenbar am Tag ihrer feucht-fröhlichen Abifeier im Strandhaus von Claires Familie. Was sie nicht ahnen: jede:r von ihnen birgt selbst ein Geheimnis, das tunlichst nicht an die Öffentlichkeit geraten sollte...

Sehr unterschiedlichen Charaktere bilden die Clique um die damalige Theater-AG:

  • Die toughe und selbstbewusste Claire aus gutem Hause, die zielstrebig ihre berufliche Karriere als Juristin angeht;
  • die schüchterne und zurückhaltende Alice, die es nicht in die weite Welt zieht, sondern die es sich nach ihrer Arbeit als Azubi in einem Malerbetrieb gern in ihrem Lieblingssessel mit einem Buch bequem macht;
  • der rebellische und oberflächliche Damian, der eher seine Band und seinen Jack Daniel's im Kopf hat als sein Studium;
  • der feinfühlige und herzliche Bene, der stets die richtigen Worte findet und auch als Animateur auf dem Kreuzfahrtschiff gut ankommt;
  • und schließlich Michael alias Tristan, der in einem Waisenhaus aufwuchs und der sehr ernsthaft und oftmals leicht melancholisch wirkte, aber von allen gemocht wurde. Und der nun unfreiwillig im Mittelpunkt polizeilicher wie privater Ermittlungen steht.

Erzählt wird hier aus ständig wechselnden Perspektiven, was das Bild um die Geschehnisse am Tag der Abifeier allmählich abrundet, aber auch ein LIcht auf die Charaktere der Gegenwart trifft. Die Kapitel der einzelnen Charaktere umfassen dabei meist nur wenige Seiten, was für viel Abwechslung sorgt und kaum Längen zulässt. Man erhält kaum Einblicke in die polizeiliche Ermittlungsarbeit und erfährt nur so viel wie die jeweilgen Charaktere, so dass man die Überlegungen und Spekulationen der vier Freund:innen verfolgt, als stehe man gleich daneben.

Die Spannung entsteht zunächst aus der Frage, woran Tristan gestorben ist und schließlich aus dem Rätsel, was genau geschah. Dabei erweisen sich vermeintliche Erkenntnisse jedoch oft nicht lange als korrekt, weil immer mehr Geheimnisse gelüftet werden, die sich als bedeutsam für den Todesfall erweisen. Das waren mir zuletzt doch 1-2 Schleifen zu viel, das wirkte auf mich dann doch zunehmend konstruiert. Während einige Entwicklungen oder Hintergründe recht vorhersehbar waren, bietet gerade das Ende eine handfeste Überraschung. Eine, bei der jede:r Leser:in für sich werten muss, was er/sie davon hält - diskussionswürdig ist das Ende allemal. Mir hat es letztlich gefallen, auch wenn ich weiß, dass das wohl nicht so sein sollte...

Alles in allem ein über weite Strecken düsterer Jugendthriller, der flott zu lesen ist und der mich gut unterhalten hat.

 

© Parden