Rezension

“Denn das, worüber man nicht spricht, existiert auch nicht“ ...

Die Mutter meiner Mutter
von Sabine Rennefanz

Bewertet mit 4.5 Sternen

“Denn das, worüber man nicht spricht, existiert auch nicht“. Mit diesem Satz aus dem autobiografischen Roman von Sabine Rennefanz möchte ich meine kleine Rezension beginnen. Wie schon aus dem Klappentext ersichtlich, geht es um die Geschichte von Anna, ihrer Großmutter, die ihr ganzes Leben lang schwieg. Sie schwieg aus Scham, sie schwieg aus Angst und schließlich, um der Verdrängung des schrecklichen Ereignisses statt zu geben. Denn das, worüber man nicht spricht, existiert auch nicht. Die Ankündigung ihrer Tochter Monika gegenüber ihrer eigenen Tochter … „Ich habe etwas über deinen Großvater herausgefunden“ … bringt eine kleine Lawine ins Rollen, führt letztendlich an den Ort des Geschehens, deckt das dunkle Geheimnis auf und lässt Anna endlich ihren Frieden finden.  

Auch meine Familie hat eine Flucht während des Krieges hinter sich, landete jedoch glücklicherweise nicht in der von Russen besetzten Zone. Die Geschichte der Autorin führte mir mal wieder vor Augen, wie anders das Leben für sie dort war als im Westen. Sie kam praktisch vom Regen in die Traufe und wurde nicht nur als dreckiger Flüchtling verpönt, sondern musste sich auch noch dem Joch der diktatorisch regierten, realsozialistischen neuen Republik unterordnen. Ich denke, man selbst ist auch manchmal vorschnell Leute zu verurteilen, die nicht unserer Vorstellung entsprechen. Sie sind uns zu still, zu laut, zu unnahbar oder zu aufdringlich. Man sollte einfach mal darüber nachdenken, welche Ereignisse die Person zu der gemacht hat, die sie ist und etwas toleranter werden.

Die Familiengeschichte der Autorin rüttelt auf, besonders in der jetzigen Zeit, die wieder eine Flüchtlingswelle hervorgebracht hat.