Rezension

Der ganz normale Kita-Alltag im elterlichen Wahn

Fuck you, Kita! - Anna Wiedemann, Daniel Wiedemann

Fuck you, Kita!
von Anna Wiedemann Daniel Wiedemann

Bewertet mit 2 Sternen

Anna, Daniel und Gustav Wiedemann sind eine recht typische Berliner Kleinfamilie. Anna will wieder in ihren Beruf als Lehrerin einsteigen, wenn Gustav zwei Jahre alt ist, und ihn bis dahin alleine zu Hause betreuen.

Nun ergibt es sich aber,  dass Anna ein paar Monate früher als geplant eine Teilzeitstelle an ihrer Schule antreten kann, nämlich bereits in sechs Wochen. Ein Kitaplatz für den einjährigen Gustav muss her, aber schnell. Die Suche nach einem Betreuungsplatz gestaltet sich deutlich problematischer als gedacht und die Zeit drängt. Wie durch ein Wunder bekommen die Wiedemanns am Ende aber doch einen Platz. Mit dem ersten Tag in der Kita treten allerdings ganz andere Probleme in den Vordergrund, die die Wiedemanns offenbar vorher nicht bedacht haben: der ganz normale Kita-Alltag beginnt – oder eben der Kita-Wahnsinn, je nachdem, wie hoch die Erwartungshaltung an die Betreuung eines U3-Kindes in einer öffentlichen Einrichtung sind.

Das Buch ist aus wechselnder Perspektive geschrieben und besteht aus aneinandergereihten Alltagsgeschichten, die entweder witzig und unterhaltsam (Daniel) oder aber gesellschaftskritisch, langatmig und großlehrerhaft (Anna) gestaltet sind.

Besonders Annas Beschreibungen sind mir mit ihrem betont negativen Touch zunehmend auf die Nerven gegangen. Ich habe mich wiederholt gefragt, womit sie ihre übersteigerte Anspruchshaltung (nicht zuletzt auch vor sich selbst) rechtfertigt. Was erwartet sie eigentlich von der Gesellschaft und ihrer direkten Umwelt? Dass diese es ihr ermöglicht, ihr Kind an- und auszustellen, wie es ihr passt, damit sie sich selbst verwirklichen kann – ohne Wenn und Aber. Das ist unrealistisch und wenig mütterlich. Sie sollte sich entscheiden, wo ihre Prioritäten liegen im Leben, alles haben kann man nun mal nicht. Zudem hat das, was sie zu sagen hat, wenig mit der Betreuung an sich, sondern vielmehr mit der Kindererziehung als solcher zu tun. Kinder müssen nun mal vieles erst lernen und das idealerweise von ihren Eltern.

Etwas gehässig konnte man auch sagen: Thema verfehlt. Denn neben diesen allgemeinen Überlegungen werden am Ende in einem Resümee im Hinblick auf die Anmeldung des zweiten Kindes die Vor- und Nachteile der Kita aufgezählt. Es stellt sich heraus, dass man im Großen und Ganzen sehr zufrieden ist – wie das mit dem Buchtitel in Einklang zu bringen ist, erschließt sich dem Leser nicht auf Anhieb.

Ich bin ziemlich enttäuscht von dem Buch. Als Mutter eines 6-jährigen Sohnes habe ich 3 Jahre „Kita-Wahnsinn“ selbst erlebt und das, was in dem Buch beschrieben wird, ist bei weitem weniger bemerkenswert, unbefriedigend und „wahnsinnig“ als der Buchtitel einem glauben machen will. Ganz im Gegenteil läuft mit Gustavs Betreuung im Grunde alles mehr als glatt, überraschend glatt in Anbetracht seines Alters, wie ich finde.