Rezension

Der Glaube(n) hat ein Problem! Aber welches? Er ist nicht mehr eindeutig.

Deutschland, deine Götter - Gideon Böss

Deutschland, deine Götter
von Gideon Böss

Bewertet mit 5 Sternen

Jeder glaubt etwas. Wer es bestreitet, lügt. Nur was? Der Autor versucht, in heiterer Weise diesen Dingen auf die Spur zu kommen.

Als der Autor Gideon Böss mich anfragte, ob ich sein Buch lesen und rezensieren wolle, sagte ich gerne ja, und da ich als Angehörige einer Freien Evangelischen Gemeinde zum Kreis der Betroffenen gehöre, war meine Neugier, wie er dem Thema zu Leibe rückt, nicht unbeträchtlich. Was glauben die Deutschen, welches sind ausser dem Fussballgott ihre Götter? Also die „echten?“

Die Forschungen, die Gideon Böss angestellt hat, sind notwendigerweise subjektiv und als solche bewertet, allein schon durch die Auswahl, die er vornehmen musste, da in Deutschland Hunderte von religiös orientierten Gemeinschaften existieren.

Davon hat Gideon Böss 26 besucht, darunter die führenden religiösen Vereinigungen Deutschlands, hat deren Vorsteher und Vorsteherinnen interviewt, hat an Gottesdiensten und anderen magischen Handlungen teilgenommen, wenn man das mal so formulieren darf, und seine Eindrücke zu Papier gebracht. Häufig hat er die Interviews ergänzt durch eigene Studien und ich hatte leider nicht nur einmal das Gefühl, dass er mehr über die jeweilige Lehre wusste als die betreffenden Insider, mit denen er sprach. Das war schon bedenklich ... .

Zwischen Sekten und Religionen hat er allerdings nicht unterschieden, deshalb auch keine Merkmale anhand gegeben, wie man Sekten von Religionen unterscheidet. Und keiner Gruppierung hat er mehr als ein paar Seiten gewidmet. Deshalb ist „Deutschland deine Götter, Eine Reise zu Kirchen, Tempeln und Hexenhäusern“, obwohl unter Sachbuch eingeordnet, ganz sicher weder ein Standardwerk noch eine rein sachliche Untersuchung. Was es dagegen ist: es ist vergnüglich.

Denn Gideon stellt prekäre Fragen! Was nach dem Tod ist? Was wäre, wenn die an Wiedergeburt glaubende Scientologie plötzlich auf den wiedergeborenen Religionsgründer träfe? Ob ein Homosexueller eine Baptistengemeinde gründen könne? Ob man selbst dann nicht wählen gehen würde, wenn man dadurch verhindern kann, dass ein Mörder Regent wird? Etc. etc.

Die prekären Fragen haben mich kichern lassen. Sie machen einen großen Teil des Lese-Reizes aus. I was amused! Really.

Allerdings kann man jede Glaubensüberzeugung mit Parodoxien totfragen. Ist Gott allmächtig? Ja. Kann er dann einen Felsen erschaffen, den er nicht mehr hochheben kann? Haha. Also, das hat Gideon jetzt aber nicht gefragt!

Auch die Nach-Reflexionen Gideons auf die Besuche haben mich häufig erheitert. Auch, weil er nicht immer alles verstanden hat, z.B. fortschreitende Heilsgeschichte der Bibel.  Informationen gibt es dennoch reichlich in dem Buch. Aber vor allem ist „Deutschland deine Götter, Eine Reise zu Kirchen, Tempeln und Hexenhäusern“ ein persönliches Buch über persönliche Erfahrungen oder auch Nichterfahrungen.

Was mich jedoch erschütterte, ist, und damit komme ich auf das Problem des zumindestens christlichen Glaubens, der, wie ich finde, der aufregendste Glaube und ein Abenteuer ohnegleichen im Leben eines Menschen ist, dass Gideon im christlichen Abendland selten auf feste Standpunkte traf. Das christliche Abendland löst sich mehr und mehr auf, je mehr Menschen sich vom biblischen Glauben entfernen und die Interpretation der Bibel in die Beliebigkeit stellen. So gingen die Fragen des Autors nach dem Leben nach dem Tod z.B. oder nach Erlösung, Vergebung, Jesu Tod am Kreuz für Sünder, ja, nach Sünde, häufig ins Leere. Sinn des Lebens stand überhaupt nicht erst auf dem Plan!

Nur die Heilsarmee sagte noch klipp und klar: Ohne Glauben geht’s in die Hölle. Auch die Piusbrüder hielten nicht hinterm Berg mit mancher unangenehmen Wahrheit. Überhaupt Wahrheit? Darüber würde ich mich ja gerne mal mit dem Autor unterhalten.

Summa summarum: Wer es aushält, dass auch die eigene Denomination ein wenig durch den Kakao gezogen wird, für den ist Gideons Buch richtig. Humor ist aber unbedingt erforderlich. Für die anderen Religionen kann ich nicht sprechen: den Christen empfehle ich, nicht so verkniffen zu sein und zum Lachen nicht in den Keller zu gehen! Dann kann man dieses Buch lesen, erfährt das eine oder andere Detail, das man man noch nicht wusste, und schmunzelt mächtig vor sich hin.

Fazit: Mir hats sehr gut gefallen und ich bedanke mich bei dem Autoren fürs Buch und einige schöne Lesestunden sowie manchen nachdenklichen Augenblick.

Kategorie: Als Sachbuch deklariert
Verlag: Cottasche Buchhandlung, 2016

Kommentare

Naibenak kommentierte am 27. Juni 2016 um 10:24

Super, Wanda! Das klingt ja richtig klasse und ist genau was für mich :D Also muss ich das auch mal lesen...beizeiten...;) Danke dir!