Rezension

Der schöne Schein

Das Nachtfräuleinspiel - Anja Jonuleit

Das Nachtfräuleinspiel
von Anja Jonuleit

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist nicht alles Gold was glänzt...

Annamaria - Weisenkind, mitten im Abitur, schwanger und sitzengelassen von ihrem Deutschlehrer - hofft endlich ein Zuhause gefunden zu haben, als die bekannte Waldorfpädagogin Liane v.d. Berg sie bei sich aufnimmt und ihr einen Neuanfang ermöglicht. Annamaria erlebt eine Ehe die rund läuft, engelsgleiche und ausgeglichene Kinder, die natürlich zuckerfrei und vollwertig essen.

Doch je länger die junge Frau in diesem vermeintlichen Paradies lebt, desto öfter bemerkt sie die erst haarfeinen Risse in der Fassade. 

In verschiedenen Erzählsträngen lesen wir wie Liane zu der Frau geworden ist, die heute eine gefeierte Fernsehpädagogin ist und wie sie Annamaria, die doch eigentlich nur Mittel zum Zweck war, nicht aus purer Barmherzigkeit aufgenommen hat.

Als Mutter habe ich die Lektüre zeitweilig doch als recht verstörend empfunden. Schwarze Pädagogik, die als neu und innovativ verkauft wird und verzweifelten Müttern helfen soll, aber die Kinder traumatisiert zurück lässt. Ich verstehe den Drang alles perfekt machen zu wollen, doch Liane geht für das Bild der heilen Familie über Leichen. Sie ist intrigant und berechnend und selbst, als ihr Lügengerüst zusammenzustürzen droht, sieht sie ihre Fehler nicht ein und hält weiter daran fest, dass sie ihre Kinder nur zu deren Besten in den Keller gesperrt hat. Sie verwechselt Liebe und Aufopferung mit Macht und Kontrolle und wundert sich dann, als sie bemerken muss, dass ihre Kinder sich von ihr entfremdet haben.

Spannend und mitreißend bis zur letzten Seite. Von Kapitel zu Kapitel werden Lianes Geheimnisse aufgelöst und man liest mit offenem Mund und voller Erstaunen, wie ihre perfekte Welt zu einem Scherbenhaufen zusammenbricht! 

 

Kommentare

Denise Körner kommentierte am 11. Juli 2018 um 11:35

Es heißt natürlich "Waisenkind" - sorry...