Rezension

Dieses Buch ist ein ganz besonderer Schatz ! Unbedingt lesen !

Wie das Licht von einem erloschenen Stern - Nicole Boyle Rodtnes

Wie das Licht von einem erloschenen Stern
von Nicole Boyle Rodtnes

Bewertet mit 5 Sternen

Meinung:
Was für eine Augenweide, dies war der erste Gedanke, der mir beim Blick aufs Cover zuerst durch den Kopf ging. Ist es nicht einfach traumhaft schön ? Doch nicht nur dieses unglaubliche Bild und der bezaubernde Titel sprachen mich an, sondern vorallem der Klappentext. Denn der versprach eine interessante und ungewöhnliche Thematik und ich wollte unbedingt wissen was dahinter steckt.

Auf einer Feier kommt es zu einem sehr tragischen Unfall. Die 17-jährige Vega überlebt nur knapp, verliert jedoch ihre Sprache, leidet an Aphasie. Eine Situation mit der der Teenager irgendwie zurechtkommen muss. Vega verändert sich, sie wird von einem Tag auf den anderen vom unbeschwerten Teenager mit Zukunftsplänen zu einem, ja irgendwie, Pflegefall. Durch ihren Verlust wird sie zur Außenseiterin und so zieht sie sich immer mehr in sich zurück.

Mit dem Unfall hat sich auch das Verhalten ihres Umfelds verändert. Die Mutter ist plötzlich überfürsorglich, packt Vega in Watte, was ihr überhaupt nicht gefällt. Für mich, wo ich doch selbst Mutter bin, aber natürlich absolut nachvollziehbar. Sie hat Angst, das sich Vega nie wieder "erholt" und sieht wie das eigene Kind sich hängen lässt und zurückzieht.

Vegas Schwester reagiert hingegen oft agressiv, denn sie muss seit dem Unfall sehr zurückstecken, ihre Wünsche, ihre Träume, alles scheint unumwunden mit Vegas Unfall verknüpft. Sie will ein eigenes Leben, sie will die Anerkennung ihrer Mutter und doch steht sie immer im Schatten der Schwester, weshalb sie irgendwann zu drastischen Mitteln greift um auf sich aufmerksam zu machen.

Auch Vegas Beziehung zu ihrem Freund Johan und ihrer besten Freundin Ida hat sich seit dem Unfall sehr verändert. Ersterer lässt sich kaum noch sehen und wenn er es doch schafft vorbeizukommen, ist es ihm zu mühsam mit Vega zu kommunizieren, weshalb es meist auf eine schnelle Nummer hinausläuft, nach der er sich prompt verabschiedet. Ida versucht zwar nach wie vor für ihre Freundin da zu sein, doch ihr "normales" Leben geht weiter, während bei Vega eben alles anders ist.

Es ist letztlich Theo der die Lebensfreude in Vegas Leben zurückbringt, der sie auf eine Weise versteht und liest, wie es kein anderer in ihrer Umgebung vermag. Theo ist es auch, der sie nicht für verrückt hält, als sie ihre Bedenken im Hinblick auf den Unfall äußert, den Vega nicht länger für einen Unfall hält, denn sie erinnert sich an Hände die sie geschubst haben könnten. Theo ermutigt sie auf sehr sympathische Art sich zu erinnern und vorallem dazu, nicht nachzugeben und am wichtigsten: Sich selbst niemals aufzugeben. Er ermutigt sie zu kämpfen und ihre Stimme, die Worte zurückzuerlangen.

Aphasie war für mich ein komplett neues Thema, das mich sehr faszinierte. Die Vorstellung das man durch einen Schlag/Sturz auf den Kopf seine komplette Sprache verlieren kann ist ehrlich gesagt erschreckend. Ich konnte mich gut in Vega hineinversetzen und die verschiedenen Phasen wie Trauer, Wut oder Ungeduld nachvollziehen. Stellt Euch vor, wie es wäre, wenn ihr plötzlich nicht mehr lesen könntet oder ihr verzweifelt versucht Eurem Umfeld etwas mitzuteilen, euch aber überhaupt nicht artikulieren könnt und Eure Mitmenschen ratlos bleiben. Frustrierend. Diese Gefühle hat die Autorin sehr gut transportiert und Vegas Schicksal ging mir somit sehr nah.

"Wie das Licht von einem erloschenen Stern" ist ein ruhiges, melancholisches Buch, bei dem sich sehr viel zwischen den Zeilen abspielt und bei dem sich die Charaktere eher unterschwellig, aber auf sehr authentische Art, entfalten. Der Schreibstil liest sich flüssig und obwohl ich einen ziemlich dicken roten Spannungsfaden erwartet hatte, war ich nicht enttäuscht, das es eher ein zartes Fädchen war, das sich jedoch kontinuierlich bemerkbar machte und dafür sorgte, das ich mich in Nicole Boyle Rødtnes Worten verlor und erst wieder auftauchte, als die Geschichte zu Ende erzählt war.

Sehr schön fand ich im Übrigen auch, das sich die Liebesgeschichte, die zu keiner Zeit den Mittelpunkt der Geschichte bildet, sehr sanft und langsam entwickelt und das jedes Kapitel mit einem kurzen Rückblick in die Zeit direkt vor oder direkt nach dem Unfall beginnt, so das man einen Eindruck davon bekommt, was genau eigentlich passiert ist und wie Vega mit der Tatsache, das sie ihre Sprache verloren hat, umgeht.

Fazit:

"Wie das Licht von einem erloschenen Stern" ist ein wundervolles und ruhiges Buch, bei dem sich sehr viel Handlung zwischen den Zeilen abspielt und das sich mit einem, für mich völlig neuen und interessantem Thema befasst, der Aphasie. Die Figuren sind wundervoll echt gezeichnet, ihre Handlungen sind nachvollziehbar und die Entwicklung der Geschichte wirkt sehr authentisch. Nicole Boyle Rødtnes hat mich mit ihrem Stil, ihren Worten und ihrer Idee sehr berührt und deshalb möchte ich Euch das Buch wirklich ganz dringend ans Herz legen.