Rezension

Ein atmosphärische Familiensaga mit einigen Längen

Wainwood House - Rachels Geheimnis - Sarah Stoffers

Wainwood House - Rachels Geheimnis
von Sarah Stoffers

Als Janes Eltern bei einem mysteriösen Unfall während archäologischen Ausgrabungen ums Leben kommen, ändert sich ihr gewohntes leichtes Leben. Aus und vorbei ist es mit dem süßen Leben in Freiheit ohne Sorgen, denn die junge Ägypterin verfügt über keinerlei Vermögen und muss lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Glücklicherweise nimmt ein entfernter Bekannter von Janes Eltern sich ihrem Schicksal an und verschafft Jane eine Anstellung im weit entlegenen England. Nach ihrer Ankunft in dem herrschaftlichen Wainwood House bemerkt Jane, wie unzulänglich ihre Arbeit als Dienstmädchen für die adelige Familie ist und vermisst ihr sonniges Leben ohne Konventionen. Aber auch die vergangenen Ereignisse werfen immer wieder neue Fragen auf und Jane begleitet seit ihrer Reise ein Gedanke: Teil eines großen Geheimnisses zu sein...

Im Mittelpunkt dieser Geschichte stehen Wainwood House und seine zahlreichen Bewohner. Der Leser begibt sich auf eine kleine Zeitreise und taucht ein in das Jahr 1907 Englands und seine gesellschaftlichen Normen. Auf seiner kleinen Reise nach Wainwood House, darf der Lesende viel über die damaligen gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiede und den damit verbundenen Schwierigkeiten lernen. Stoffers lässt durch einen allwissenden Erzähler über ihre sehr authentischen und interessanten Figuren quer durch alle gesellschaftlichen Schichten berichten. Von rauschenden Festen, bei denen unverheiratete Mädchen Ausschau nach einem würdigen Ehemann halten, oder von der schweren Arbeit der Dienerschaft, um das Fest so pompös wie möglich zu gestalten. Von Intrigen, die sich wie ein Strohfeuer durch das Haus verbreiten und von Freundschaften, die es eigentlich nicht geben dürfte. Auch wenn die Etikette viele Bewohner voneinander trennt, und einige nicht einmal ahnen, wer dieses prachtvolle Haus noch bewohnt, vereint sie alle ein großes Geheimnis.
Mehrere Handlungsstränge werden eine Weile unabhängig voneinander erzählt, um sich am Schluss zu vereinen und das große Geheimnis zu lüften. Äußerst kenntnisreich schildert Sarah Stoffers die englischen Verhältnisse des Jahres 1907 und berichtet in diesem Buch über die Schönheiten von Wainwood House und die Annehmlichkeiten der feinen Gesellschaft und den zum Teil unmöglichen Lebensumständen derer, die nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurden. Jedoch hätte ich mir gewünscht, die Mauern dieses adligen Hauses öfter verlassen zu dürfen, um das Leben außerhalb kennenzulernen.
Durch eine besondere Sprache verleiht Stoffers der Geschichte ein zeitlich passendes Timbre. Oft hatte ich das Gefühl, dass sich die Autorin mit ihrem ausdrucksstarken Stil an kleineren Details verweilt, um dem Leser den Anfang des 20. Jahrhunderts in England näher zu bringen und zugänglich zu machen.
Manchmal ist weniger mehr und sie hätte besser daran getan, diese Energie in die Handlung, die einige Längen aufweist, zu stecken.

Mit ihrem Debüt „Wainwood House - Rachels Geheimnis“ hat die deutsche Autorin Sarah Stoffers dem Leser eine sehr atmosphärische und geheimnisumwobene Familiensaga beschert. Obwohl dieser Roman in sich abgeschlossen ist, wird Sarah Stoffers ihn weitererzählen. Und wer die Bewohner von Wainwood House ein Stück weit in diesem Buch begleiten durfte, ahnt, dass noch viele Geheimnisse hinter den Mauern verborgen liegen.