Rezension

Ein Eisberg Hoffnung

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen -

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
von John Ironmonger

Bewertet mit 3.5 Sternen

Aktuell über Politik zu sprechen, kann mitunter ein schwieriges Unterfangen sein. Über Klimapolitik zu diskutieren, ohne sich dabei an die Gurgel zu gehen, scheint fast gar nicht mehr möglich. Die Fronten zwischen den Generationen sind verhärtet, selbst innerhalb der eigenen Kreise kocht es mitunter sehr schnell hoch. Ich kann Tom Horsmiths Kitzel also sehr gut nachvollziehen, als ihm der Lokalpolitiker Monty Causley in seinem Heimatpub unverhofft über den Weg läuft. Als Student der Geowissenschaften ist ihm die aktuelle klimatische Weltlage sehr gut bekannt und ein Klimaleugner wie Causley hat in seinen Augen nichts in der Politik zu suchen. Es kommt zu einem Wortgefecht und schließlich zu einer Wette, die für beide Beteiligten Folgen über viele Jahrzehnte hat.

John Ironmongers Roman ist eine Wucht. Im Erzählstil leicht aus der Zeit fallend (man weiß nicht so genau, in welcher Zeit die Geschichte eigentlich spielt und ahnt es könnte sich um die ganz nahe Zukunft handeln), dazu angelehnt an das Narrativ eines Märchens führt er den Leser in eine 50 Jahre währende Wette ein und entfaltet mal eben die wichtigsten Eckdaten in Sachen Klimawandel und seinen bevorstehenden Folgen. Natürlich hab ich schon davon gehört, dass das Eis an den Polkappen schmilzt und der Anstieg des Meeresspiegels eine Folge davon sein wird mit katastrophalen Auswirkungen für uns alle. Aber so, wie Ironmonger es durch seine Figuren erklären lässt, so sachlich und gleichzeitig drastisch hat es mir noch keiner nahegebracht. Auch die Ideen, die der Autor für ein Abfedern des Klimawandels auf Lager hat, erscheinen mir logisch und sinnvoll. Er wählt dazu seine Figuren ganz geschickt. Die per Handyfilm für die Nachwelt festgehaltene Wette führt den Umweltaktivisten und den politischen Klimaleugner innerhalb zeitlich großer Abstände immer wieder zusammen, verknüpft ihre Lebensläufe untrennbar miteinander und zeigt die sich durch den Klimawandel allmählich verändernde Welt an zwei Schauplätzen – im beschaulichen Fischerdörfchen in Cornwall sowie nahe einem gewaltigen Gletscher in Grönland.

Um die Meinung des Politikers zu ändern, muss Ironmonger tief in seine literarische Handwerkskiste greifen und eine Begegnung schaffen, die sich kaum als realistisch bezeichnen lässt. Und doch bin ich bereit, ihm die Szene komplett abzukaufen. Politik und Literatur liegen gar nicht so weit auseinander, es geht vor allem darum Inhalte so überzeugend wie möglich darzustellen. Schade, dass man nicht alle politisch Verantwortlichen von heute einfach auf einen Gletscher sperren und ihnen die Grundproblematik unserer Lage nochmal ganz langsam und zum Mitschreiben begreiflich machen kann. Von guter Literatur werden sie sich wohl kaum beeindrucken lassen.