Rezension

Ein gutes Leben? Ein gutes Leben!

Genau so, wie es immer war -

Genau so, wie es immer war
von Claire Lombardo

Bewertet mit 5 Sternen

Julia Ames, Ende fünfzig, seit vielen Jahren mit Mark verheiratet, einen Sohn und eine Tochter und einen Freundeskreis – sie hat also alles, was es für ein gutes Leben braucht. Dann jedoch begegnet sie zufällig einer Frau aus ihrer Vergangenheit, die Erinnerungen wach werden lässt. Nicht genug damit, gibt es gravierende Veränderungen im Leben ihres Sohnes – und damit auch in ihrem.

Claire Lombardo, Jahrgang 1989, war Sozialarbeiterin und PR-Agentin, bevor sie am renommierten Iowa Writers' Workshop studierte. Ihr Debütroman „Der größte Spaß, den wir je hatten“ wurde für den Women's Prize for Fiction nominiert. Übersetzt wurde der vorliegende Roman von Sylvia Spatz, die u.a. Bret Anthony Johnson, François Garde und Maggie Shipstead übersetzt hat. (Quelle: Klappentext)

Claire Lombardos zweiter Roman ist eine wunderbarer Familienroman, der die Geschichte einer Frau erzählt, die sich aufgrund ihrer Kindheitserlebnisse immer als Außenseiterin empfunden hat und die es auch nach vielen Jahren nicht fassen kann, dass ihr Mann sie so liebt wie sie ist. Dieser Roman fließt sehr ruhig dahin, auch wenn die Ereignisse das nicht immer sind. Die Depression, in die Julia nach der Geburt ihres Sohnes Ben fällt, ist dauerhaft. Lange findet sie keinen Weg hinaus, bis sie dann Helen kennenlernt. Die Freundschaft mit der älteren Frau verändert vieles.

 

Geschickt wechselt die Autorin die Zeitebenen. Beginnend in der Gegenwart, gibt es immer wieder Einschübe, in denen Julia sich zurück erinnert. Erinnerungen, die nicht immer schön sind, sondern mitunter schmerzhaft und die sie doch zu der Frau gemacht haben, die sie ist. Am Ende gibt es einen Blick in die Zukunft, so lese ich die letzten Seiten jedenfalls.

 

Julia wird sehr differenziert beschrieben. Auch die Mitglieder ihrer Familie sind lebendig und authentisch geschildert. In vielen Szenen können Frauen sich wiedererkennen, auch wenn die eigenen Erfahrungen völlig andere sind.

 

Mir haben insbesondere die Beschreibungen der Begegnungen mit Helen sehr gefallen. Die beiden so unterschiedlichen Frauen erkennen in der anderen das, was sie selbst nicht sind. Aber auch die schonungslose Erkenntnis, dass ihr Sohn Ben Julia etwas völlig anderes bedeutet als ihre Tochter Alma, ist gut nachvollziehbar. Insbesondere vor dem Hintergrund der eigenen Kindheit und Jugend und dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Mutter. Vieles klärt sich, anderes nicht, genau so wie „im richtigen Leben“.

Claire Lombardo hat einen wunderbaren Roman darüber geschrieben, was es bedeutet, eine Frau zu sein.