Rezension

Ein gutes Stück weg vom traditionellen Heimatkrimi

Kreizkruzefix - Monika Pfundmeier

Kreizkruzefix
von Monika Pfundmeier

Bewertet mit 5 Sternen

„Sie halten die Traditionen aufrecht. Und die Traditionen halten so manchen von ihnen aufrecht. Ob man das sehen will oder nicht.“

Seite 229

 

Und Traditionen werden aufrecht gehalten in Oberammergau. Alle 10 Jahre gibt es dort die Passionsspiele, das ganze Dorf macht mit. Einst ein Versprechen an Gott, um die Pest abzuwenden, haben sie sich mittlerweile zu einem Event entwickelt, das anzieht.

So wimmelt es in Oberammergau schon von Schauspielern und Touristen, als ein paar Tage vor der Premiere ein schrecklicher Doppelmord passiert.

Ist das die Strafe dafür, dass sich die Thallers vom traditionellen Bauernhof zur exklusiven Gin-Destillerie gewandelt haben und sie, statt das nicht mehr vorhandene Vieh im Stall zu pflegen, Partys feiern und zu Messen jetten?

 

Die erste am Tatort: Theres Hack, auch eine, dies nicht so mit dem hat, was alle tun. Aus Wien zurück hat sie die Metzgerei des Vaters auf links gedreht. Damit, und mit ihrer wortkargen, direkten Art hat sie sich nicht nur Freunde gemacht. Und auch weiter zieht es sie zu den Menschen, die mit den Thallers zu tun hatten.

 

„Die Zeiten sind vorbei, in denen die Täter zurückkehren an den Tatort. (…) Stattdessen…“

„Stattdessen schlägt man sich am Tatort mit neugierigen Hobby-Experten herum.“

Seite 119

 

Das erste, was beim Lesen dieses ungewöhnlichen Krimis ins Auge sticht, ist der abgehackte Stil. Ebenso wie die Protagonistin ist auch die Sprache eckig und kantig, hinterlässt lose Fäden, die man weiterdenken soll, die zum Reflektieren einladen. Sie nimmt sich kein Blatt vorn Mund, die Metzgerin, und macht sich damit nicht nur Freunde.

 

„Keine Ahnung von nix, aber für alles denselben Kamm.“

Seite 66

 

Doch in den beiden Tonis, den örtlichen Polizisten, hat sie Verbündete gefunden und mit ihrem Herumstochern wirft sie viele Fragen auf. Motive scheint es viele zu geben, aber erst sehr spät hatte ich einen Verdacht.

 

So präsent wie Traditionen ist in diesem Buch auch die Vergangenheit. Fehler, die man gemacht hat, Worte, die nicht gesagt wurden, Entscheidungen, die man fiel.

 

„Manchmal rennen wir, und uns holt die Vergangenheit ein. Manchmal entkommen wir, aber der Schatten fällt trotzdem auf uns. Und wenn du keinen Schatten willst, mach das Licht an!“

Seite 101

 

Ich kam extrem schwer in dieses Buch rein, das erste Kapitel hab ich zwei Mal gelesen, bis ich ein wenig durchblickte. Doch ich bin sehr froh, dass ich weitergelesen habe, dass ich mich von Monika Pfundmeier nach Oberammergau führen ließ. Denn wenn man sich auf Theres und ihre Welt einlässt, sich auf die Spurensuche begibt und zwischen den Zeilen liest, so erzählt einem das Buch viel über sich selbst, über die eigenen Werte.

 

Was bedeutet Tradition für dich? Fessel oder Freiheit, Verbundenheit oder Trennung? Muss man Traditionen wirklich brechen oder kann man sie auch weiterentwickeln?

 

Nach dem Lesen ist vor dem Lesen, am liebsten würde ich gleich nochmal das erste Kapitel aufschlagen und mich diesmal noch mehr auf diese intelligente Geschichte einlassen.

 

Auch ein Highlight: Das intensive Cover und der grüne Schnitt!

 

Fazit: Ein interessanter Krimi, geschrieben so eckig und kantig wie seine Protagonistin, ein gutes Stück weg vom traditionellen Heimatkrimi.