Rezension

Ein poetischer Höllentrip

Das Mädchen, das rückwärts ging - Kate Hamer

Das Mädchen, das rückwärts ging
von Kate Hamer

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Güte, dieses Buch ist nichts für schwache Nerven.
Ein Mädchen ist verschwunden. Carmel, 8 Jahre alt. Beth, ihre Mutter, ist verzweifelt. Und diese Verzweiflung spricht aus jedem Satz. 

„Niemand sagt einem, wie es ist, ein Kind zu haben. Niemand sagt einem, dass es nichts als Sorgen, Sorgen, Sorgen bedeutet. Welt ohne Ende. Dass sie unser Schicksal, unser Überleben in den Händen halten, während wir vorher frei waren – frei, ohne es zu wissen. Dass es einen zerstört, wenn ihnen etwas zustößt, und man dieses Wissen ständig mit sich herumträgt.“

Hier begleitet man Beth bei ihrer Suche, die immer hoffnungsloser wird, und ist dabei, wenn sie sich mit ihrem neuen Leben arrangieren muss. Ohne Carmel.
Gleichzeitig erlebt man die Geschichte aus Carmels Sicht und sieht zu, wie ein sehr tapferes kleines Mädchen aus ihrem Leben gerissen wird und zu verstehen versucht, was mit ihr passiert. 

Es ist sehr hinterhältig, dieses Buch, wirft einem Häppchen vor und zieht sich zurück. Man bleibt lange im Ungewissen: Was geht da vor sich? Was treibt diesen Entführer an? Wird es vielleicht noch lebensbedrohlich? 
Über allem liegt eine melancholische Stimmung und ein Hauch mysteriös Rätselhaftes, getragen von dieser wunderschönen Sprache, bildhaft, eindringlich, manchmal sogar poetisch, immer erschütternd.
Ich frage mich, wie man so etwas schreiben kann. Man ist schon beim Lesen fix und fertig, da muss doch die Autorin durch die Hölle gegangen sein.

Dieses Buch ist ein Phänomen. Es erzeugt maximalen Nervenkitzel ohne einen Tropfen Blut. Man mag es kaum weglegen, braucht aber ab und zu eine Verschnaufpause, um diese spürbare Verzweiflung zu verdauen.
Ich bin nach dem Lesen tief beeindruckt und ziemlich mitgenommen.