Rezension

Ein sorgloses Leben?

Der Würfel - Bijan Moini

Der Würfel
von Bijan Moini

Bewertet mit 4 Sternen

Deutschland in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft: alle Bürger haben ihre Daten freigegeben. Eine künstliche Intelligenz, der Würfel, hat dadurch einen perfekten Algorythmus entworfen, der es möglich macht, sorgenfrei zu leben. Je berechenbarer du bist, desto höher ist dein Pred-Score und somit auch dein Lebensstandard. Doch Selbst-bestimmung sieht anders aus und es gibt Rebellen, die diesem System entgegen treten wollen. Unter ihnen ist der achtundzwanzigjährige Taso, ein Offliner oder auch Gaukler genannt, der es lieber dem Zufall überlässt, Entscheidungen zu fällen. Damit entzieht er sich allerdings auch dem System und hat so seine Schwierigkeiten im Alltag. Doch dann taucht plötzlich Daria vor seiner Tür auf, ein Mädchen aus einer Namischen Gemeinde, neue Amische. Plötzlich muss sich Taso entscheiden, ob er weiter wie bisher leben möchte oder doch dem Würfel alles preisgibt.

Meine Meinung

Optisch machte mich das Buch auf den ersten Blick neugierig, denn nicht nur der leichtend rote Würfel in der Mitte des Covers weckt Aufmerksamkeit, sondern auch der Buchschnitt strahlt in rot.
Dazu ein brandaktuelles Thema, denn Datenschutz ist nun seit längerem in aller Munde und wird uns wohl auch noch lange Zeit begleiten.
Der Einstieg erforderte ein wenig Aufmerksamkeit, da ich hier doch erstmal nachvollziehen musste, was mir neue Begriffe, wie z. B. der Pred Score sagen wollten. Aber durch einen sehr leichten und gut verständlichen Schreibstil gelang es schnell, dahinter zu kommen, was gemeint ist. Die Idee der KI über allem ist nicht unbedingt neu, ich sage nur Scythe von Neal Shusterman, doch hier ist alles ein wenig anders gehandhabt. Man hat durchaus noch die Wahl zwischen Offline oder Online sein, wobei man es als Offliner selbstverständlich nicht ganz so leicht hat und man auf gewisse Vorzüge verzichten muss. Dem System gegenüber positionieren sich die Rebellen und auch Namische – neue Amische – sind anzutreffen, von denen man aber nur ein wenig am Rande erfährt.
Die Geschichte selber hat Höhen und Tiefen, dreht sich viel um Taso, den Gaukler und Offliner und dessen Zerrissenheit. Diese hätte ich mir aber gerne intensiver darstellen lassen und seine Wendungen kamen mir manchmal zu schnell. Das Tempo bleibt über weite Teile recht ruhig gehalten, steigert sich aber zum Ende noch richtig. Langweilig wird die Geschichte auf keinen Fall, denn die Ideen dahinter waren interessant und das Ende hält noch die ein oder andere Frage offen.
Was mir besonders gut gefallen hat, ist diese Entwicklung der Geschichte. Ich hatte hier absolut den Eindruck, dass Bijan Moini unseren derzeitigen Stand einfach weitergesponnen hat. Die KI, das Datensammeln, die Idee des Grundeinkommens für jeden, all das sind Themen, die uns auch heute begegnen. Dabei klingt das Leben mit all seinen Vorzügen, die der Autor hier beschreibt, gar nicht so schlecht, zumindest auf den ersten Blick. Doch ein Leben ohne wirkliche Selbstbestimmung? Ich weiß nicht, ob das so meins wäre, eine Entscheidung zwischen entweder oder ist wirklich hart. Das brachte mich doch ganz schön zum Grübeln und auch jetzt beim Schreiben habe ich eine Weile innegehalten, welcher Weg wohl meiner wäre.
Taso, der Protagonist der Geschichte, blieb mir lange Zeit noch fremd. Seine Handlungen kamen mir manchmal zu schnell und oft zu unüberlegt. Doch so nach und nach lernt man ihn und seine Beweggründe besser kennen und verstehen. Ansonsten gibt es noch so einige weitere Charaktere, die ihren Einfluss auf die Handlung nehmen, wie z. B. Dalia. Sie bleiben zwar recht blass, spiegeln aber jeder für sich unterschiedliche Ansichten, so dass man als Leser doch einen großen Gesamteindruck erhält.

Mein Fazit

Ein Buch mit einem sehr interessanten Thema, das mich zum Nachdenken anregen konnte. Gerade der Bezug zu unserer aktuellen Entwicklung im Bereich des Datenschutzes und den daraus resultierenden Folgen wurde hier gut weitergesponnen. Taso, der Protagonist, handelte für mich nicht immer logisch, brachte mich aber genau damit auch wieder zum Grübeln. Wie würde ich wohl in so einer Welt handeln?